Steuerverfahren Beobachter erwarten rasches Urteil im Hoeneß-Prozess


München - Die Gerichtssprecherin hält ein Ende des spektakulären Steuerprozesses gegen Uli Hoeneß bereits am Donnerstag für "höchstwahrscheinlich": Am Mittwoch ist der dritte Prozesstag vor dem Landgericht München II bereits nach nicht einmal eineinhalb Stunden Verhandlungszeit zu Ende gegangen. Zuvor hatte die Verteidigung die am Vortag von einer Finanzbeamtin auf 27,2 Millionen Euro bezifferten Steuerschulden anerkannt (die Ereignisse des dritten Prozesstages im Liveticker hier).
Wenn es keine weiteren Beweisanträge gibt, können am Donnerstag die Plädoyers folgen und dann die Urteilsverkündung, sagte Gerichtssprecherin Andrea Titz.
Richter Rupert Heindl betonte, dass das Gericht bei einem Urteil von der Summe von 27,2 Millionen Euro ausgehen wird - und nicht von den 3,5 Millionen Euro, die Hoeneß in der Anklage vorgeworfen wurden. Hoeneß' Anwalt Hanns W. Feigen akzeptierte das in der Verhandlung: "Die Zahlen hält die Verteidigung für sachgerecht, da zweifeln wir nicht dran."
Die Verteidigung sei von den am Dienstag bekannt gewordenen Zahlen keineswegs überrascht gewesen. "Wir sind ja nicht dämlich!", sagte Feigen und fügte hinzu: "In der Selbstanzeige, die Herr Hoeneß am 17. Januar 2013 eingereicht hat, sind sämtliche Zahlen bereits enthalten."
Diese Aussage sorgt für Verwirrung: SPIEGEL-Redakteur Rafael Buschmann, der Einblick in die Selbstanzeige nehmen konnte, bestätigt, dass die hohe Summe durch die dort angegebenen Zahlen gedeckt ist, obwohl sie nicht ausdrücklich auftaucht. Der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Ken Heidenreich, bestreitet hingegen, dass sich aus den Angaben in der Selbstanzeige eine Steuerschuld berechnen lasse.
Beim Prozessauftakt am Montag hatte Hoeneß über seinen Anwalt Feigen überraschend eingeräumt, mindestens 18,5 Millionen Euro an Steuern hinterzogen zu haben - der Verteidiger hatte aber bereits damals gesagt, es könnte auch eine höhere Summe gewesen sein.
Am Mittwoch hatten lediglich zwei Zeugen ausgesagt, die ursprünglich nicht auf der Vernehmungsliste standen. Dazu zählte ein EDV-Fachmann des Finanzamts Rosenheim, dessen Aussage Hoeneß eher entlastete. Er sollte Aufschluss über Dokumente mit Daten der Konten bei der Schweizer Vontobel-Bank geben, das Hoeneß und seine Anwälte dem Gericht erst kurz vor Prozessbeginn in Dateiform vorgelegt hatten.
In diesem Zusammenhang hatte am Dienstag die Aussage der zuständigen Steuerfahnderin für offene Fragen gesorgt, wonach aus den Dateien im PDF-Format hervorgehe, dass sie bereits am 18. Januar 2013 erstellt worden seien, also einen Tag nach Hoeneß' Selbstanzeige - und damit mehr als ein Jahr bevor dessen Verteidigung sie übergab, obwohl die Fahnder wiederholt Fristen dafür gesetzt hatten.
Dem IT-Fachmann zufolge konnte jedoch nur für eine der Dateien das Erstelldatum 18. Januar 2013 festgestellt werden - wann die weiteren Dateien erstellt wurden, bleibt damit offen.
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Der Prozess gegen Uli Hoeneß ist das Wirtschaftsjustizdrama des Jahres - soviel lässt sich nach dem dritten Verhandlungstag feststellen.
Seit dem 10. März hält der Prozessverlauf die Öffentlichkeit in Atem, jeden Tag gibt es eine neue Überraschung. Hier betritt der Angeklagte den Gerichtssaal zu Prozessbeginn. Er wird später in einem Geständnis sagen, dass er 18,5 Millionen Euro an Steuern hinterzogen hat - viel mehr als bisher bekannt.
Richter Rupert Heindl ließ rasch durchblicken, wie viel er von Hoeneß' schleppender Beibringung von Akten hält: "Ein großer Schuhkarton voller Unterlagen", spottete er am zweiten Prozesstag über die nachgelieferten Bankunterlagen. Es soll sich um mehrere USB-Sticks und mehr als 52.000 Blatt Papier handeln - alles Material der Schweizer Vontobel Bank.
Hoeneß und sein Strafverteidiger Hanns W. Feigen: Die Strategie des Staranwalts ist undurchsichtig. Wie konnte er zulassen, dass Hoeneß' Geständnis vom Montag gleich am nächsten Tag ad absurdum geführt wurde? Dann nämlich, als eine Zeugin von einer viel höheren Steuerschuld des Bayern-Präsidenten sprach - nämlich 27,2 Millionen Euro.
Chaos oder Kalkül? Zudem schreckt Feigen nicht davor zurück, seinen Mandaten in der Öffentlichkeit zu rüffeln. Als Hoeneß behauptete, die frühen Recherchen des "Stern" zu seinem Konto hätten ihn nicht beunruhigt, ließ Feigen Hoeneß das nicht durchgehen. "Erzählen Sie doch keinen vom Gaul!", blaffte er den Bayern-Präsidenten an.
Am Mittwoch sorgte die Verteidigung erneut für eine Überraschung: Sie akzeptierte die auf 27,2 Millionen Euro bezifferte Steuerschuld. "Wir sind ja nicht dämlich!", sagte Feigen und fügte hinzu: "In der Selbstanzeige, die Herr Hoeneß am 17. Januar 2013 eingereicht hat, sind sämtliche Zahlen bereits enthalten."
Der Justizplast in München. Ursprünglich war der Prozess auf vier Tage angesetzt. Das mediale Interesse ist enorm.
Wenn keine weiteren Beweisanträge gestellt werden, dürfte der Prozess tatsächlich am Donnerstag beendet sein.
Die entscheidende Frage: War Hoeneß' Selbstanzeige wirksam? Wird er verurteilt? Muss Hoeneß womöglich sogar in Haft? Und was wird - bei einer milden Strafe - aus seinen Posten beim FC Bayern München? Am Dienstagabend besuchte Hoeneß noch das Champions-League-Spiel seines Vereins gegen den FC Arsenal.
Der Präsident des FC Bayern München Uli Hoeneß, steht am 12.03.2014, dem dritten Prozesstag, zusammen mit seinem Anwalt Hanns W. Feigen (links) als Angeklagter im Landgericht München II.
Der dritte Tag im Steuerprozess gegen Uli Hoeneß: Der FC-Bayern-Präsident kam gut zehn Minuten zu spät in den Gerichtssaal. Seine Frau Susi begleitete ihn wie die beiden Verhandlungstage zuvor.
Die Verteidigung von Uli Hoeneß, Bernd Gross (rechts) und Hanns W. Feigen (links) haben die auf 27,2 Millionen Euro bezifferten Steuerschulden akzeptiert. "Wir sind ja nicht dämlich!", sagte Feigen und fügte hinzu: "In der Selbstanzeige, die Herr Hoeneß am 17. Januar 2013 eingereicht hat, sind sämtliche Zahlen bereits enthalten."
Die Fakten liegen auf dem Tisch, jetzt muss das Gericht über die Wirksamkeit der Selbstanzeige entscheiden.
Hoeneß mit ernster Miene. Bis zum morgigen vierten Verhandlungstag haben die Prozessbeteiligten noch einiges zu tun: Es gibt eine Reihe von Unterlagen, die noch gelesen werden müssen.
Außerdem hat Richter Rupert Heindl noch keine Bewertung hinsichtlich der Selbstanzeige vorgenommen - die entscheidende Frage für das Strafmaß.
Gerichtssprecherin Andrea Titz sagt, dass am Donnerstag mit Plädoyers und Urteilsverkündung fortgeschritten werden kann, sollten keine weiteren Zeugen geladen werden und sollten keine weiteren Anträge gestellt werden.
Wenn keine weiteren Beweisanträge gestellt werden, dürfte der Prozess tatsächlich am morgigen Donnerstag nach vier Tagen beendet sein.
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