
Streik gegen Einsparungen Gewerkschaften wollen Griechenland lahmlegen
Athen/Berlin - Da die Fluglotsen streiken, wurden bereits seit Mitternacht sämtliche Flüge von und nach Griechenland gestrichen. Auch die Fähren zu den griechischen Inseln und die Eisenbahn werden bestreikt. Mit ihrer Streikwelle haben die griechischen Gewerkschaften das Land am Donnerstag praktisch lahmgelegt. Sie protestieren damit gegen die Sparpläne der Regierung zur Überwindung der Schuldenkrise. Besonders betroffen ist der Verkehr.
Im Radio und Fernsehen gibt es keine Nachrichten, da auch die Journalisten für 24 Stunden in den Ausstand treten. Die meisten Behörden bleiben geschlossen, ebenso Schulen und Universitäten. Feuerwehrleute, Polizisten und Beamte der Küstenwache planen Protestkundgebungen. In den Krankenhäusern werden nur Notfälle behandelt. Geschäfte, Supermärkte, die meisten Banken und die Hotels haben dagegen geöffnet. Auch die Taxis fahren.
Die Streikenden machen mobil gegen ein 4,8 Milliarden Euro schweres Sparprogramm der sozialistischen Regierung von Ministerpräsident Georgios Papandreou. Griechenland hat Schulden in Höhe von fast 300 Milliarden Euro. Die EU-Kommission hat die griechischen Staatsfinanzen unter ihre ständige Aufsicht gestellt. Bei einem Generalstreik war es am Freitag vergangener Woche zu gewaltsamen Ausschreitungen gekommen.
Der griechische Ministerpräsident Georgios Papandreou äußerte Verständnis für den Unmut der Bürger, es gebe aber einfach "kein Geld". Das harte Sparprogramm seiner sozialistischen Regierung sieht unter anderem erhebliche Einsparungen im Sozialbereich, einen Einstellungsstopp im öffentlichen Dienst und Gehaltskürzungen für Beamte vor. Die Mehrwertsteuer wurde um zwei Prozentpunkte erhöht. Indirekte Steuern auf Tabak, Spirituosen und Treibstoffe wurden gleich zweimal innerhalb weniger Wochen um rund 20 Prozent erhöht.
Unterdessen gehen die Diskussion um einen Europäischen Währungsfonds (EWF) weiter, mit dem künftig drohende Staatspleiten wie in Griechenland aufgefangen werden könnten. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) finde den Gedanken gut und interessant, sagte Vize- Regierungssprecher Christoph Steegmans am Mittwoch. "Aber da sind tatsächlich noch viele Fragen offen." So müsse geklärt werden, wer wie viel in einen solchen Finanztopf einzahle und wie unabhängig der Fonds von der EU-Kommission sei. Auf keinen Fall dürften die Euro-Stabilitätskriterien aufgeweicht werden. Die Europäische Zentralbank (EZB) will die Idee prüfen.
"Zum jetzigen Zeitpunkt hat der EZB-Rat noch keine Meinung dazu, wir müssen uns das anschauen", sagte EZB-Präsident Jean-Claude Trichet. Um den Vorschlag bewerten zu können, bedürfe es präziserer Informationen. "Wir weisen diese Idee zum jetzigen Zeitpunkt nicht zurück", sagte er.
Der EWF könne "eine Ultima Ratio" sein, der "auch die Insolvenz eines Staates vernünftig ordnet", sagte Steegmans. "Vorher aber, und das ist der Kanzlerin sehr wichtig, muss es eine Kaskade von Sanktionen geben, die noch überdacht werden müssen." Merkel selbst hatte sich am Vortag ähnlich geäußert.
Bei den Überlegungen gehe es um eine langfristige Perspektive, die eine Weiterentwicklung und Änderung der Verträge von Maastricht notwendig machten, sagte Steegmans. Dies setzt Einstimmigkeit in der EU voraus. "Wir wissen durchaus, wie schwierig das ist", zitierte der Regierungssprecher die Kanzlerin. Der Stabilitätspakt dürfe aber nicht als "erstarrendes System" gesehen werden.
"Letztes Element in einer Handlungskette"
Zur Lösung der Griechenland-Krise werde ein EWF nach dem Muster des Internationalen Währungsfonds (IWF) noch nicht zur Verfügung stehen, sagte Steegmans. Das betonte auch der Sprecher von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). Dieser hatte den EWF angeregt. Sprecher Michael Offer sagte: "Wir glauben, dass das insgesamt eine gute Initiative war, einen Europäischen Währungsfonds vorzuschlagen, und dass dies auch einen wichtigen Stein ins Rollen gebracht hat." Der Vorschlag solle langfristig die bisherigen Regeln ergänzen und verbessern. Auch Schäuble sehe einen EWF als "letztes Element in einer Handlungskette, um das europäische Währungssystem stabilisieren zu können".
Offer sagte, das Finanzministerium werde die Vorschläge in nächster Zeit konkretisieren und prüfen, welche Maßnahmen ohne Änderung der EU-Verträge möglich seien. So werde geprüft, ob vorhandene Überwachungs- und Präventionsinstrumente konsequenter genutzt werden könnten.
Auch Frankreichs Regierungschef François Fillon forderte eine Anpassung der Kontrollmechanismen im Euroraum. "Uns müssen entsprechende Mittel zur Verfügung stehen, damit wir im Falle wirtschaftlicher oder finanzieller Schwierigkeiten eines Mitgliedstaats der Eurozone reagieren können", sagte er bei einem Vortrag an der Berliner Humboldt-Universität. Als Ergänzung zu einem möglichen europäischen Währungsfonds (EWF) verlangte Fillon eine starke politische Wirtschaftsregierung der 27 EU-Mitglieder.