Strompreise Ablese-Unternehmen wirbt mit Kunden-Abzocke

Überhöhte Preise wegen fehlender Konkurrenz: Dieses Prinzip gilt nicht nur für die großen Energiekonzerne, sondern auch für Unternehmen, die den Stromzähler ablesen. Die Firma Ista hatte sogar die Chuzpe, in einem Prospekt für Investoren offen damit zu werben.

Hamburg - Ista hat die wettbewerbsschädlichen Strukturen der Branche indirekt bestätigt. Wie die "Financial Times Deutschland" berichtet, hat der Konzern in einem vertraulichen Papier das Oligopol auf dem deutschen Markt beschrieben, um bei Investoren zu werben. Kernaussage: Der schwache Wettbewerb in der Branche mache das Unternehmen für Anleger besonders interessant.

Ista ist ein Ablese-Unternehmen mit Sitz in Essen, das den Strom- und Wasserverbrauch privater Kunden erfasst. Gemeinsam mit dem Konkurrenten Techem aus Eschborn bei Frankfurt am Main beherrscht Ista laut "FTD" mehr als die Hälfte des deutschen Marktes. Verbraucherschützer klagen schon seit langem, dass Wettbewerb da kaum möglich sei.

Dem Ista-Papier zufolge trägt das Oligopol dazu bei, operative Gewinnmargen von "über 40 Prozent vor Sonderposten zu erzielen". Das Papier ist für Kaufinteressenten erstellt worden. Es könnte erklären, warum Finanzinvestoren bereit sind, für Ablesefirmen enorme Preise zu bezahlen.

Erst kürzlich wollte die australische Bank Macquarie das Unternehmen Techem für einen Milliardenbetrag übernehmen, scheiterte aber am Widerstand von Hedgefonds, die ihre Anteile nicht verkaufen wollten. Angesichts der lockenden Renditen ein verständliches Ansinnen. Ista selbst war gerade erst für 2,4 Milliarden Euro inklusive Schulden vom Investor CVC an den Investor Charterhouse verkauft worden.

Unternehmen wie Techem oder Ista rechnen in Miethäusern Verbrauchskosten ab und erstellen die Rechnungen. Den Preis für diese Dienstleistung bezahlen die Kunden mit ihrer normalen Strom-, Gas- oder Wasserrechnung. An der Gesamtrechnung macht das Ablesen einen einstelligen Prozentbetrag aus.

Das von Ista gemeinsam mit der Deutschen Bank und Goldman Sachs erstellte Papier bringt die Branche nun in Erklärungsnot. "Es gibt kein Oligopol", sagt ein Sprecher der Arbeitsgemeinschaft Heiz- und Wasserkostenverteilung. Ista selbst wollte den Bericht nicht kommentieren. Marktführer Techem weist die Vorwürfe zurück. Auf dem deutschen Markt für das Ablesen von Energie- und Wasserverbrauch gebe es keine Wettbewerbsbeschränkungen. "Es gibt einen Preiskampf in der Branche", sagt eine Techem-Sprecherin.

Das Kartellamt sagt dem Bericht zufolge, es habe keine Handhabe gegen die vermutete Preistreiberei. Nur bei einer geplanten Fusion könnten die Kartellwächter einschreiten. So untersagte das Bundeskartellamt im Jahr 2002 dem Ista-Konzern, der damals noch Viterra hieß, den Wettbewerber Minol zu übernehmen.

wal/ddp

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