Studie der Hans-Böckler-Stiftung Mehr als acht Millionen Beschäftigte könnten von höherem Mindestlohn profitieren

Vor allem Frauen bekämen mehr Geld, aber auch Beschäftigte ohne Tarifvertrag: Die möglichen Koalitionäre von SPD, Grünen und FDP wollen den Mindestlohn auf zwölf Euro und damit deutlich erhöhen.
Foto: Oliver Berg/ picture alliance / dpa

Rund 8,6 Millionen Beschäftigte verdienen einer Studie zufolge derzeit weniger als zwölf Euro – der Betrag, auf den die Ampelparteien den Mindestlohn laut ihrem Sondierungspapier erhöhen wollen. Etwa zwei Drittel der Betroffenen seien Frauen, heißt es in der Untersuchung des gewerkschaftsnahen Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung.

Löhne unter zwölf Euro kamen demnach bislang am häufigsten im Einzelhandel, dem Gesundheitswesen, der Gebäudebetreuung, der Gastronomie und dem Sozialwesen vor. Nach Berufen waren unter anderem Fachkräfte in Gastronomie und Hauswirtschaft, Verkäuferinnen und Verkäufer, medizinische Fachangestellte, Köche oder Berufskraftfahrende stark betroffen. Hinzu kommen Hilfskräfte in Reinigung, Hauswirtschaft, Küchen und Logistik.

Durch die Anhebung des Mindestlohns könnten vor allem Menschen profitieren, die ohne Tarifvertrag arbeiten. Denn diese seien rund dreimal so häufig von Löhnen unter zwölf Euro pro Stunde betroffen wie Beschäftigte, die nach Tarif bezahlt werden.

Der Analyse zufolge ist für die große Mehrheit der Arbeitsverhältnisse, in denen der höhere Mindestlohn direkt zu einer Lohnanhebung führen müsste, für die jeweiligen Beschäftigten der Hauptjob. Das gilt im laufenden Jahr für 7,3 Millionen Beschäftigungsverhältnisse. Weitere etwa 1,3 Millionen seien Nebentätigkeiten.

Wirtschaftsleistung würde durch höheren Mindestlohn steigen

Eine Anhebung des Mindestlohns auf zwölf Euro würde in der Gesamtgruppe der nach Tarifvertrag bezahlten Beschäftigten eine durchschnittliche Lohnerhöhung von 1,0 Prozent bewirken. Unter den Beschäftigten ohne Tarif fiele das Plus hingegen mit 4,1 Prozent deutlich größer aus. Dies zeige, dass der höhere Mindestlohn »keinen tiefen Eingriff in die Tarifautonomie« darstelle, sagte WSI-Arbeitsmarktexperte Toralf Pusch. Er wäre »vor allem eine wirksame Stütze zur Stabilisierung der Löhne von Beschäftigten ohne Tarifvertrag«.

Eine vom gewerkschaftsnahen Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) geförderte Studie ergab kürzlich, dass eine Erhöhung des Mindestlohns auf zwölf Euro gesamtwirtschaftlich sinnvoll wäre. Langfristig würde die Wirtschaftsleistung um etwa 50 Milliarden Euro im Jahr steigen. Die Staatseinnahmen erhöhten sich demnach um rund 20 Milliarden Euro jährlich.

hej/Reuters
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