Telekom-Mitarbeiter Angst und Misstrauen sind zurück

Die Telekom ist in der Krise - und die Spitzelaffäre hinterlässt bei den Mitarbeitern des Konzerns Spuren. Auf den Fluren herrscht Misstrauen und die Sorge, dass der Imageverlust zu einer neuen Entlassungswelle führen könnte.

Berlin - Es war eine interne Mitarbeiterumfrage, an die der Telekom-Vorstand seine Hoffung knüpfte. Sie hatte nach eineinhalb Jahren unter der Führung von Vorstandschef René Obermann endlich den ersehnten Stimmungsumschwung nachgewiesen. Das Zutrauen zur Unternehmensführung sei wieder gewachsen, die Stimmung endlich wieder besser, resümierten die Umfrage-Experten.

Kurze Zeit später kam die Spitzelaffäre ans Licht.

Telekom-Zentrale in Bonn: "Vielen fehlen einfach die Worte"

Telekom-Zentrale in Bonn: "Vielen fehlen einfach die Worte"

Foto: REUTERS

Und plötzlich ist das Misstrauen, die Angst und der Frust wieder mit Händen zu greifen. Telefonate mit Mitarbeitern der deutschen Telekom bekommen wieder den konspirativen Charakter, der einst unter Ron Sommer und danach Kai-Uwe Ricke allgegenwärtig war. Freie Rede oder ein offenes Wort? Fehlanzeige.

Wie sehr die Affäre die Mitarbeiter belastet, ist daran zu erkennen, dass der Skandal auch im Gespräch der Kollegen untereinander beinahe behandelt wird wie ein Tabu. Auf den Fluren und in der Kantine werde das Thema eher am Rande behandelt, erzählt ein Betriebsrat: "Vielen fehlen einfach die Worte." Sehr wahrscheinlich sei aber auch ein gerüttelt Maß an Angst im Spiel, seine Meinung allzu offen preiszugeben, fügt er hinzu. "Die Leute haben in erster Linie Angst um ihren Job - und da gilt es, so wenig wie möglich unangenehm aufzufallen."

Zumal noch lange nicht klar ist, wie weit diese Affäre tatsächlich reicht. Zurzeit kommen täglich neue Details ans Licht. Und die Mitarbeiter halten die Vorwürfe gegen den Konzern durchaus für realistisch. Dass nach SPIEGEL-Informationen offenbar sogenannte Bewegungsprofile einzelner Ausgespähter erstellt wurden, um ihre Aufenthaltsorte festzustellen, kommentiert ein Mitarbeiter in der Bonner Zentrale so: "Die waren so abgehoben in der Vorstandsetage, dass ich ihnen alles zutraue." Von Verfolgungswahn spricht ein Mitarbeiter, von diktatorischer Mentalität ein anderer.

Beide Erklärungen hält der Personal-Trainer Ulrich Sollmann für plausibel. Er betrachtet die Affäre aus der Warte des Experten. Aus verhaltenspsychologischer Sicht sei es durchaus nachvollziehbar, dass die Konzernführung die Kontrolle behalten wollte, sagte er im Interview mit manager-magazin.de: "Bei der Telekom hat offensichtlich jeder jeden verdächtigt und keinem vertraut. Es herrschte ein Klima, das von Misstrauen und Paranoia geprägt ist."

Gleichwohl bleibt die Frage, wie es so weit kommen konnte. Wie sich die Verantwortlichen zu einem derart gravierenden Rechtsverstoß hinreißen lassen konnten, wo doch absehbar war, dass das Ergebnis allenfalls einen Verdacht begründen konnte - und keinesfalls juristisch verwertbar war.

"Das ist vergleichbar mit einem Räuber, der eine Trinkhalle überfällt, die gerade ihre Kasse zur Bank gebracht hat", lästert ein Mitarbeiter. Und er fügt die Hoffnung an, dass die Ermittler die Schuldigen kriegen und die dann "nicht nur mit einer Geldstrafe davon kommen".

Immerhin bringen die Mitarbeiter Konzernchef René Obermann und seinem Stab noch ein gewisses Vertrauen entgegen. Er habe schnell reagiert, auch wenn es eben eine Reaktion auf die Veröffentlichung des SPIEGEL war, heißt es in der Bonner Zentrale. "Noch besteht schließlich kein Zwang, sich öffentlich selbst zu bezichtigen. Das muss doch auch für ein Unternehmen gelten", sagt einer. Immerhin habe Obermann inzwischen den BGH-Richter Gerhard Schäfer eingeschaltet, der die interne Aufklärung gemeinsam mit Sicherheitschef Reinhard Rupprecht vorantreiben solle. Mehr könne man nicht tun.

Dass der Telekom-Chef womöglich noch gestärkt aus der Affäre hervorgeht, ist eher unwahrscheinlich: Zum einen gilt Obermann als unternehmerischer Ziehsohn von Ricke - also jenes Mannes, der zurzeit im Mittelpunkt der Affäre steht. Außerdem war er während der Spitzelaktion durchaus an verantwortlicher Stelle im Konzern tätig: als Vorstand von der Mobilfunktochter T-Mobile.

Der Skandal fügt sich aus Sicht kritischer Mitarbeiter zu den Problemen, die den Konzern schon seit Jahren plagen. "An den Entscheidungsstrukturen hat sich kein bisschen geändert", ätzt einer: "Da arbeitet immer noch ein Manager gegen den anderen - und die kleinen Angestellten müssen es ausbaden."

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