Erdoğan kündigt Maßnahmen an Türkische Lira erholt sich von historischem Tief

Monatelang kannte der Wert der türkischen Währung nur eine Richtung: steil bergab. Jetzt will Präsident Erdoğan Maßnahmen gegen den Wertverfall ergreifen – der Kurs reagierte prompt.
Wechselstube in Istanbul: Ein Tief jagte das nächste

Wechselstube in Istanbul: Ein Tief jagte das nächste

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Emrah Gurel / dpa

Am Montag war die türkische Lira noch auf einem historischen Tiefstand, nun schoss ihr Wert in die Höhe: Der Wert der Währung stieg gegenüber dem US-Dollar um 25 Prozent an. Auslöser waren Ankündigungen des Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan, Maßnahmen gegen den Wertverfall zu ergreifen.

Nach einer Kabinettssitzung sagte Erdoğan, dass Einlagen künftig gegen Verluste aus Wechselkursschwankungen geschützt werden sollen. Sollten die Verluste größer ausfallen als die von Banken versprochenen Zinsen auf die jeweiligen Einlagen, sollen die Verluste ersetzt werden.

»Keiner unserer Bürger muss von nun an seine Einlagen von Lira in ausländische Währungen tauschen, weil er befürchtet, dass die Wechselkursschwankungen Gewinne aus Zinszahlungen zunichtemachen könnten«, teilte der türkische Staatspräsident mit.

Keine Abkehr von der freien Marktwirtschaft

Darüber hinaus kündigte er weitere Schritte an. Unter anderem will die Regierung auch Unternehmen helfen, sich gegen die Risiken hoher Wechselkurse abzusichern. Die Türkei habe weder die Absicht noch das Bedürfnis, »sich auch nur den geringsten Schritt« von der freien Marktwirtschaft und dem aktuellen Devisenregime zu entfernen, sagte Erdoğan.

In den Stunden vor seiner Ankündigung war es den zweiten Handelstag in Folge zu erheblichen Turbulenzen an den türkischen Finanzmärkten gekommen. Ein Dollar war erstmals mehr als 18 Lira wert gewesen, ein Euro mehr als 20 Lira. Auch die türkische Börse hatte zuletzt stark unter der Lira-Abwertung gelitten. Die Landeswährung hatte im laufenden Jahr bis zu Erdoğans Maßnahmenpaket deutlich mehr als die Hälfte ihres Werts eingebüßt.

Im Teufelskreis der Inflation

Als Hauptproblem der Lira gilt der rapide Glaubwürdigkeitsverlust der türkischen Notenbank. Die Zentralbank befindet sich seit Spätsommer ungeachtet einer hohen Inflation von zuletzt gut 21 Prozent auf striktem Zinssenkungskurs. Durch die Kursverluste der Lira wird die Teuerung aber nur noch weiter angefacht – ein Teufelskreis. Präsident Erdoğan übt fortlaufend Druck auf die Notenbank aus, um die Zinsen weiter zu senken. Immer wieder entließ er Notenbankmitglieder, die sich seinem Kurs widersetzten.

Erdoğan vertritt entgegen gängiger volkswirtschaftlicher Lehre die Ansicht, dass hohe Zinsen die Inflation förderten. Noch Anfang Dezember verkündete er: »Zinsen sind ein Übel, das die Reichen reicher und die Armen ärmer macht.«

jlk/dpa
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