Lira-Absturz Türkische Zentralbank hebt Leitzins überraschend an

Der rasante Kursverfall der Lira hat unerwartet die Zentralbank auf den Plan gerufen: Trotz der Coronakrise erhöht sie den Leitzins erheblich - ein Schritt, der Präsident Erdogan nicht gefallen dürfte.
Türkischer Präsident Recep Tayyip Erdogan

Türkischer Präsident Recep Tayyip Erdogan

Foto: ADEM ALTAN / AFP

Der Wertverlust der Lira gegenüber dem Dollar hat die türkische Zentralbank auf den Plan gerufen, nachdem die türkische Lira seit Juni mehr als elf Prozent an Wert gegenüber dem Dollar eingebüßt hat.

Um den Lira-Absturz zu bremsen und die ausufernde Inflation zu begrenzen, hat die Zentralbank die Leitzinsen völlig überraschend angehoben, von 8,25 auf nun 10,25 Prozent. Es ist die erste Zinsanhebung seit rund zwei Jahren.

Der Schritt ist bemerkenswert, weil in der Vergangenheit vermehrt Zweifel an der politischen Unabhängigkeit der Zentralbank aufgekommen waren. Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte mehrfach klargemacht, dass er kein Interesse an höheren Leitzinsen habe. Er hofft, dass billige Kredite das Wirtschaftswachstum ankurbeln.

Erdogan nennt sich "Zinsfeind"

Tatsächlich unterließ die Zentralbank trotz andauernd hoher Inflationsraten und massiver Wertverluste der Lira in der Folge von Experten erwartete Zinserhöhungen. In diesem Jahr hat die türkische Währung so gegenüber dem Dollar bereits 23 Prozent an Wert eingebüßt. Nach Bekanntwerden der Zentralbankentscheidung zog der Kurs der Lira merklich an.

Erdogan hatte sich selbst wiederholt als "Zinsfeind" bezeichnet. Seine Regierung hatte zuletzt auf mehr Unterstützung für die Wirtschaft gedrungen. Denn das Bruttoinlandsprodukt des lange Zeit boomenden Schwellenlandes war angesichts der Coronakrise von April bis Juni um elf Prozent zum Vorquartal gefallen. Unter anderem die wichtige Tourismusindustrie bekam die Viruspandemie deutlich zu spüren.

Aus Sicht der Notenbank hat eine schnelle wirtschaftliche Erholung von dem durch die Krise ausgelösten konjunkturellen Schock die Preise angeschoben. "Die Inflation ist einem Pfad gefolgt, der höher als erwartet war", schrieben die Währungshüter. Die Schritte zur Straffung der Geldpolitik müssten verstärkt werden, um die Inflationserwartungen einzudämmen. 

beb/Reuters
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