Übernahme Merck will Schering schlucken
Der Schering-Vorstand betonte, dass das Angebot die Gesellschaft und ihre Zukunftsaussichten "erheblich unterbewerte". Das Angebot sei unaufgefordert abgegeben worden.
manager-magazin.de hatte zuvor gemeldet, die Führungsspitze von Schering, einschließlich des ehemaligen Vorstandschefs und heutigen Aufsichtsratsvorsitzenden Giuseppe Vita, und Merck seien miteinander im Gespräch.
Um die Übernahme zu stemmen, wollen die rund 130 Familiengesellschafter des Merck-Konzerns, die bislang 73 Prozent der Anteile halten, wollten ein Paket von gut 20 Prozent über die Börse verkaufen. Die Erlöse daraus plus Barmittel in Höhe von rund zwei Milliarden Euro sollen für die Akquisition mit eingesetzt werden. Schering ist an der Börse derzeit gut 12 Milliarden Euro wert.
Bei der Transaktion wird Merck von Goldman Sachs und der Deutschen Bank beraten; Advisor für Schering ist die Investmentbank Morgan Stanley .
Neuer deutscher Pharma-Champion
Gelingt die Übernahme, entstünde damit ein neuer deutscher Pharma-Champion mit einem Börsenwert von insgesamt rund 16 Milliarden Euro. Gemessen an Umsatz und Mitarbeiterzahl sind die beiden Firmen etwa gleich groß: Merck beschäftigte Ende 2005 rund 29.000, Schering knapp 25.000 Mitarbeiter. Schering erzielte im abgelaufenen Geschäftsjahr 5,3 Milliarden Euro Umsatz, Merck 5,9 Milliarden Euro.
In seiner jüngsten Ausgabe hatte das manager magazin Schering bereits als Übernahmekandidaten für Merck genannt. Der Erfolg des Mischkonzerns ist stark abhängig von den derzeit noch hoch profitablen Flüssigkeitskristallen, die bei der Herstellung von Flachbildschirmen eingesetzt werden, sowie vom Krebsmittel Erbitux. In beiden Bereichen könnten Merck nach Einschätzung von Branchenkennern allerdings künftig Erlöse einbüßen.
Eine Großakquisition gilt daher als Gelegenheit für Merck, vor allem die Pharmasparte auf breitere Füße zu stellen. Konkurrent Schering hatte im vergangenen Jahr den Umsatz um 7 Prozent gesteigert, das Betriebsergebnis kletterte um 21 Prozent auf 928 Millionen Euro. Das entspricht einer operativen Marge von 17,5 Prozent. Für den Vorstandsvorsitzenden Hubertus Erlen war 2005 das "erfolgreichste Jahr in der Firmengeschichte". 2006 soll der Umsatz um einen mittleren bis hohen einstelligen Prozentsatz wachsen.
Mit einem straffen Spar- und Effizienzprogramm hatte Schering, der drittgrößte deutsche Pharmakonzern, in den vergangene drei Jahren die Rendite gesteigert. Im Zuge des Programms wurden 2000 Stellen gestrichen. Der Konzern konzentriert sich auf vier Geschäftsbereiche: Gynäkologie und Andrologie, Kontrastmittel, Spezial-Therapeutika für schwere Krankheiten und Onkologie. Die wichtigsten Präparate sind das Multi-Sklerose-Mittel Betaferon, die Anti-Baby- Pille Yasmin und die Hormonspirale Mirena.
Schering hatte zwar bei der Entwicklung neuer Präparate eine Vielzahl von Rückschlägen erlitten. Mit den bestehenden Produkten wie Yasmin verdient der Konzern aber vor allem in den USA gut.
Kley, übernehmen Sie!
Vor dem Hintergrund dieser geplanten Transaktion ist auch der Führungswechsel bei Merck zu sehen. Karl-Ludwig Kley, derzeit noch Vorstandsmitglied bei der Lufthansa und dort für den Bereich Finanzen zuständig, soll den amtierenden Merck-Chef Michael Römer ablösen. Römer hatte erst im vergangenen November den Vorsitz der Geschäftsleitung von seinem geschassten Vorgänger Bernhard Scheuble übernommen.
Finanzfachmann Kley gehört schon länger dem Aufsichtsrat der Merck KGaA und dem Gesellschafterrat der E. Merck OHG an, der die Interessen der Familiengesellschafter vertritt. Der Gesellschafterrat wird vom Familienrat gewählt, er entspricht in etwa dem Aufsichtsrat einer AG. Merck operiert wie der Düsseldorfer Konsumgüterkonzern Henkel in der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA). Der Gesellschafterrat entscheidet über die Bestellung und Abberufung der Mitglieder der Geschäftsleitung.