Finanzminister schlägt Alarm Ukraine hat drei Viertel ihrer Wirtschaftsleistung verloren

Ukrainischer Bauer mit Schutzweste: Wenn die Aussaht gefährdet ist, drohen immense Ernteausfälle
Foto: Smoliyenko Dmytro / Abaca / picture allianceDer Krieg in der Ukraine richtet neben allem menschlichen Leid auch katastrophalen ökonomischen Schaden an. Drei Viertel des Bruttoinlandsprodukts seines Landes seien seit Ausbruch der Kampfhandlungen verloren gegangen, berichtete der ukrainische Finanzminister Sergii Marchenko seinen Kollegen aus der Eurogruppe laut Teilnehmern bei deren Treffen vorvergangene Woche in Luxemburg.
2021 lag die Wirtschaftsleistung der Ukraine bei rund 170 Milliarden Euro (zum Vergleich: In Deutschland war sie etwa 20 Mal so hoch). 64 Prozent der Erwerbstätigen in der Ukraine können nach Darstellung des Finanzministers nicht mehr ihrer Arbeit nachgehen. Die Einnahmen des Staates seien stark gesunken, und die Etatlücke wachse mit jedem Tag, den der Krieg fortdauert.
Dennoch sei es der ukrainischen Regierung gelungen, das Finanzsystem weitgehend funktionsfähig zu erhalten. Dazu habe nicht zuletzt auch die sogenannte Makrofinanzhilfe der EU in Höhe von 1,2 Milliarden Euro beigetragen. Marchenko bedankte sich bei seinen Kollegen für die Unterstützung und bat um weitere Hilfen für die kommenden Jahre. Der Finanzminister, der per Video zugeschaltet war, warnte die Europäer außerdem vor »katastrophalen Auswirkungen, auch auf die EU«, sollten die ukrainischen Bauern bis Mai nicht ihre Aussaat vornehmen können.
Fast zehn Prozent der weltweiten Getreidelieferungen entfielen auf die Ukraine, sagte Martschenko. Die Angst vor entsprechenden Knappheiten hatte zuletzt bereits zu Hamsterkäufen in Deutschland geführt. Frankreichs Finanzminister Bruno Le Maire, der Vorsitzende des EU-Finanzministerrats, sagte »uneingeschränkte Solidarität mit der ukrainischen Bevölkerung« zu.

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