+++ Minutenprotokoll zum Hoeneß-Prozess +++ So lief der dritte Verhandlungstag

Alle Zeugen sind befragt, alle Beweisanträge gestellt. Der dritte Verhandlungstag im Steuerprozess gegen FC-Bayern-Präsident Uli Hoeneß ist beendet, viele Fragen sind aber immer noch unbeantwortet. Lesen Sie die Ereignisse im Minutenprotokoll nach.
Nicolai Kwasniewski
Nicolai Kwasniewski
Liebe Leserinnen und Leser, für heute verabschieden wir uns nach einem kurzen Prozesstag aus dem Liveticker. Die Verteidigung von FC-Bayern-Präsident Uli Hoeneß hat die Summe von 27,2 Millionen Euro als Steuerschuld akzeptiert. Schon am Donnerstag könnte nach den Schlussplädoyers das Urteil fallen. Unsere Reporter Björn Hengst und Rafael Buschmann analysieren in Kürze für Sie diesen dritten Verhandlungstag. Hier geht es morgen von 09.30 Uhr an weiter mit dem Liveticker zum vierten und vielleicht letzten Prozesstag
Maximilian Rau
Maximilian Rau
Das Medieninteresse am heutigen Mittwoch war riesig. Hier gibt Gerichtssprecherin Andrea Titz ihr Statement. Foto: DPA.
Maximilian Rau
Maximilian Rau
Aktenordner im Gerichtssaal werden weggebracht. Foto: Getty Images.
Maximilian Rau
Maximilian Rau
Morgen könnte schon das Urteil verkündet werden. Deshalb einmal die Möglichkeiten im Überblick:
- Freispruch: Für einen Freispruch für Hoeneß müsste die Selbstanzeige vollkommen wirksam sein. Davon ist bei aktuellem Kenntnisstand nicht auszugehen.
- Bewährungsstrafe: Laut Bundesgerichtshof ist eine Bewährungsstrafe nur möglich, wenn es "gewichtige Milderungsgründe" gibt. Hinzu käme wohl eine hohe Geldstrafe. Darauf hofft die Verteidigung.
- Haftstrafe: In besonders schweren Fällen - "wenn der Täter in großem Ausmaß Steuern verkürzt" - sind Gefängnisstrafen von sechs Monaten bis zu zehn Jahren vorgesehen. Hinzu käme eine hohe Geldstrafe.
Maximilian Rau
Maximilian Rau
Zuerst 3,5, dann 18,5 und jetzt hat die Verteidigung der Steuerschuld von 27,2 Millionen Euro zugestimmt. Sie werden sich wahrscheinlich ebenso wie wir fragen: Wie kam es dazu? Auch einem von uns befragten Steuerstrafrechtler geht das so: "Das sieht mir nicht mehr nach Verteidigungsstrategie aus, sondern nur noch nach Chaosmanagement. Auch die Aussage, wonach die höhere Summe in der Selbstanzeige enthalten gewesen sei, ist natürlich sehr unglaubwürdig, wenn man am Tag vorher ein Geständnis über eine niedrigere Summe abgelegt hat."
Maximilian Rau
Maximilian Rau
Die Unicredit-Tochter Hypovereinsbank steht auch nach den neuen Enthüllungen im Steuer-Prozess gegen Uli Hoeneß fest zu ihrer Sponsoring-Partnerschaft mit dem FC Bayern. Er gehe "keine Nanosekunde davon aus", dass sich das Verhältnis zu dem Verein wegen der "Causa Hoeneß" verändern werde, sagte Hypovereinsbank-Chef Theodor Weimer.
Maximilian Rau
Maximilian Rau
Positiv für Hoeneß heute war gewiss die Aussage des EDV-Experten des Finanzamts Rosenheim. Der Mann sagte, dass ein Dokument mit den Schweizer Bankdaten von Hoeneß bereits vor über einem Jahr erstellt, aber danach noch mehrfach verändert wurde: Ein "Grunddokument" sei zwar schon am 18. Januar 2013 um 16.21 Uhr erstellt worden, nur einen Tag nach der Selbstanzeige von Hoeneß. "Es bedeutet aber nicht, dass sie abgeschlossen wurde", sagte der EDV-Experte. Mehrere Teile seien in den Monaten danach noch hinzugefügt worden.
Die Hoeneß-Anwälte hatten die komplette Datei erst wenige Tage vor Prozessbeginn an die Steuerfahndung übergeben. Daraus war der Vorwurf entstanden, sie hätten Material zurückgehalten - dieser wurde nun zumindest etwas entkräftet.
Maximilian Rau
Maximilian Rau
Ein Steuerstrafrechtler und Partner einer bekannten Großkanzlei hat uns Folgendes zu dem Fall gesagt: "Hoeneß hat offenbar in Panik die Selbstanzeige verfasst, weil er von einer geplanten Veröffentlichung des 'Stern' gehört hatte. Es ist sehr schwierig, dabei keine Fehler zu machen, denn wir wissen aus Erfahrung: Es ist fast unmöglich, innerhalb einer Woche alle relevanten Kontodaten von seiner Schweizer Bank zu erhalten."
Maximilian Rau
Maximilian Rau
Auch die Staatsanwaltschaft kannte die Summe von 27,2 Millionen Euro. In der Anklage standen aber deshalb 3,5 Millionen Euro, weil die weitere Steuerschuld nicht verifizierbar war. Das sei erst vor rund zwei Wochen möglich gewesen, als die Verteidigung weitere Unterlagen nachreichte. Auch das ist laut der Staatsanwaltschaft ein Grund, warum die Selbstanzeige unwirksam ist.
Nicolai Kwasniewski
Nicolai Kwasniewski
Dem Sprecher der Staatsanwaltschaft Ken Heidenreich zufolge ist Hoeneß' Selbstanzeige wirkungslos - trotz der entlastenden Zeugenaussage des EDV-Experten am Vormittag. In den Unterlagen, die am 17. Januar 2013 eingereicht wurden, seien die Zahlen nicht enthalten gewesen, die die jetzt bekannt gewordene Summe von 27,2 Millionen Euro hinterzogenen Steuern ergeben.
Maximilian Rau
Maximilian Rau
Eine weitere Frage stellt sich: Wenn tatsächlich die Summe 27,2 Millionen Euro in der Selbstanzeige stand, wieso sind dann nur 3,5 Millionen Euro in der Anklageschrift gelistet? In den kommenden Stunden und Tagen gibt es darauf hoffentlich Antworten.
Nicolai Kwasniewski
Nicolai Kwasniewski
Bis zum morgigen vierten Verhandlungstag haben die Prozessbeteiligten noch einiges zu tun: Es gibt eine Reihe von Unterlagen, die noch gelesen werden müssen. Außerdem hat das Gericht noch keine Bewertung hinsichtlich der Selbstanzeige vorgenommen - die entscheidende Frage für das Strafmaß.
Rafanelli
Rafanelli
Gerade die Selbstanzeige von #Hoene ß gesehen: Die Zahl der Steuerfahndung (27,2Mio€) ist dort enthalten. Gleich mehr bei @SPIEGELONLINE .
Maximilian Rau
Maximilian Rau
Unklar ist derzeit, warum Hoeneß vorab nur zehn Millionen Euro an das Finanzamt Miesbach überwiesen haben soll, wenn die Verteidigung sich über die Größenordnung bereits im Januar 2013 im Klaren gewesen ist.
Maximilian Rau
Maximilian Rau
Gerichtssprecherin Andrea Titz sagt, dass am Donnerstag mit Plädoyers und Urteilsverkündung fortgeschritten werden kann, sollten keine weiteren Zeugen geladen werden und sollten keine weiteren Anträge gestellt werden. Danach sieht es derzeit nicht aus, es könnte also tatsächlich beim ursprünglichen Zeitplan bleiben.
Nicolai Kwasniewski
Nicolai Kwasniewski
Die Beweisaufnahme am Münchner Langericht ist für heute abgeschlossen, der Prozess wird erst am Donnerstag um 9.30 Uhr fortgesetzt. Die Verhandlung wid am vierten Tag mit der Beweisaufnahme fortgesetzt, sagte der Vorsitzende Richter Rupert Heindl. Ob wie geplant am Donnerstag auch das Urteil gegen den 62-jährigen Hoeneß gesprochen wird, steht im Augenblick nicht fest.
Maximilian Rau
Maximilian Rau
Hoeneß-Anwalt Feigen sagt auch, dass die Verteidigung von den Zahlen keineswegs überrascht gewesen sei."Wir sind ja nicht dämlich!", sagte Feigen und betonte zudem: "In der Selbstanzeige, die Herr Hoeneß am 17. Januar 2013 eingereicht hat, sind sämtliche Zahlen bereits enthalten." Die Zahlen gehen nach Ansicht Feigens auch aus der Selbstanzeige vom 18. Januar 2013 hervor. Richter Rupert Heindl betonte, dass das Gericht bei einem Urteil von den neuen Zahlen ausgehen wird - und nicht von den 3,5 Millionen Euro, die Hoeneß in der Anklage vorgeworfen wurden.
Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren