Umweltprobleme in Alaska Ölmulti BP kämpft um sein Image

Als erster Ölmulti versuchte BP sich einen "grünen" Anstrich zu geben. Eine Pannenserie auf dem größten Ölfeld der USA, das nun wegen eines Pipeline-Lecks geschlossen werden muss, droht die jahrelange Imagekampagne zunichte zu machen - und den Ölpreis auf Rekordniveau zu treiben.

Hamburg - Die verblüffte Reaktion des BP  -Förderchefs mag menschlich verständlich gewesen sein - sonderlich beruhigend war sie nicht.

Die Probleme im Fördergebiet Prudhoe Bay in Alaska seien "völlig unerwartet" gewesen, bekannte BP-Manager Steven Marshall am Sonntag, nachdem sein Konzern den Zustand der dort wichtigsten Transitpipeline untersucht hatte. Insgesamt 16 Stellen waren dabei entdeckt worden, an denen die Wände der Röhre stärker als erlaubt korrodiert und damit bruchgefährdet waren. An einer Stelle war die Pipeline jüngst bereits eingerissen - dabei liefen 600 bis 800 Liter Öl aus, ein noch relativ glimpflicher Ausgang.

Bisher habe man immer gedacht, die eigenen Anti-Korrosions-Techniken seien verlässlich, entschuldigte sich der BP-Manager Marshall konsterniert.

BP wird das Förderfeld Prudhoe Bay, mit 400.000 Barrel Tagesproduktion das größte in den gesamten USA, nun vorläufig schließen. Wie lange die Reparatur der Schwachstellen dauern wird - auch das wissen die BP-Manager derzeit nicht zu sagen.

Nicht nur in den USA werden sich Umweltschützer und Politiker nun fragen: Wenn schon BP selbst nicht verlässlich über den Zustand seiner Ölleitungen Bescheid weiß - wer dann? Ist das Risiko einer Umweltkatastrophe in Alaska und in anderen Fördergebieten viel größer als bisher angenommen? Schon werden Erinnerungen an die "Exxon-Valdez"-Katastophe aus dem Jahr 1989 wach, als elf Millionen Gallonen Rohöl in die Prinz-William-Bucht von Alaska gelaufen waren, Hunderttausende Meeresvögel und -tiere kamen dabei um, 2000 Kilometer Küste wurden verseucht. "Dieser Staat kann sich noch eine 'Exxon Valdez' nicht erlauben", mahnt der republikanische Politiker John Harris mit Blick auf die aktuellen Probleme in Prudhoe Bay.

Zweifel an BPs Öko-PR

Für den britisch-amerikanischen Ölmulti BP wird die Lage in Alaska zum Image-Problem: Anders als der texanische Konkurrent Exxon Mobil  , der zum Beispiel lange die Existenz des globalen Klimawandels abstritt, hatte sich BP früh um ein "grüneres" Image bemüht. Unter der Führung von CEO Lord John Browne intensivierte der britische Konzern sein Geschäft mit Solar-Techniken, gab sich ein freundlicheres Logo mit einer grün-gelben Sonne und interpretierte gar seinen Firmennamen um. BP sollte fortan nicht mehr für British Petroleum, sondern für "Beyond Petroleum" stehen.

Jetzt steht das Unternehmen am Pranger von Umweltschützern – denn die aktuellen Probleme in Alaska sind nur eine Episode in einer längeren Pannenserie. Erst im März waren aus einer beschädigten BP-Pipeline in Prudhoe Bay rund eine Million Liter Öl in die empfindliche Umwelt nördlich des Polarkreises geströmt; es war das bisher schlimmste Pipelineleck in der Geschichte der Ölförderung in Alaska. Seither laufen Ermittlungen gegen BP. Im vergangenen Monat versprach das Unternehmen, auch auf öffentlichen Druck, eine Milliarde Dollar zusätzlich für die Instandhaltung seiner Förderanlagen und Raffinerien in den USA zu investieren – ohnehin waren dafür bereits sechs Milliarden Dollar vorgesehen.

Weitere Pannen bei BP sind der kritischen Öffentlichkeit in den USA noch gut in Erinnerung: So hatte eine Regulierungsbehörde im Juni Vorwürfe publik gemacht, dass BP-Mitarbeiter 2004 versucht hätten, den Markt für Propangas zu manipulieren. BP bestreitet die Vorwürfe. Und im Sommer 2005 waren bei einer Explosion in einer texanischen Raffinerie des Konzerns 15 Menschen getötet und 170 verletzt worden.

Wann steigt der Ölpreis über 80 Dollar?

Das Förderfeld Prudhoe Bay, das 1968 entdeckt wurde, betreibt BP zusammen mit amerikanischen Partnern, darunter ConocoPhillips   und Exxon. Den Briten obliegt aber die operative Führung. Die täglich in Prudhoe Bay geförderte Ölmenge entspricht rund acht Prozent der gesamten Rohölproduktion in den USA. Die Aussichten auf einen längeren Ausfall haben heute den BP-Aktienkurs nach unten gedrückt: Er rutschte in London um 1,9 Prozent auf 624 Pence ab.

Zugleich wächst die Beunruhigung an den globalen Ölmärkten – die Nervosität der Händler ist nach Förderausfällen in Nigeria und angesichts des Krieges im Libanon und politischer Unsicherheiten in Iran und Venezuela ohnehin schon hoch. Am Montag stieg der Preis für Öl der Sorte London Brent Crude um rund zwei Prozent auf fast 78 Dollar, nur noch einen halben Dollar entfernt von seinem Allzeithoch. Die Analysten von BNP Paribas   erwarten, dass der Preis später in der Woche die Marke von 80 Dollar durchschlagen wird.

Ob das Kursplus an den Ölmärkten nur eine Überreaktion ist oder ob der Aufwärtstrend anhalten wird – das wissen selbst Rohstoffhändler nicht verlässlich zu sagen. Besonders pessimistisch ist Tetsu Emori, Rohstoffstratege bei der japanischen Mitsui-Bank  . Angesichts der aktuellen Weltlage, erklärte er der Nachrichtenagentur AP, reiche der Ausfall in Prudhoe Bay, um den Ölpreis um weitere zehn Dollar pro Fass nach oben zu treiben.

itz

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