Umweltschutz China dreht Schmutz-Fabriken den Strom ab

Industrie in China: Hohes Wachstum, große Umweltschäden
Foto: Guang Niu/ Getty ImagesPeking - Auf der einen Seite steht ein unvergleichliches Wachstum - auf der anderen enorme Umweltschäden: China ist weltweit das Land mit den höchsten Treibhausgasemissionen. Deshalb greift die Regierung in Peking jetzt hart durch. Bereits eine Woche nach der Drohung, mehr als 2000 Fabriken einfach stillzulegen, setzen die Behörden ihre Ankündigung teilweise um. Das Ministerium für Wirtschaft und Informationstechnologie habe angeordnet, 500 besonders klimaschädlichen Fabriken in der Provinz Anhui für einen Monat den Strom abzustellen, berichtet die Tageszeitung "China Daily".
Bisher hatte China den Stromverbrauch lediglich in den Hochsommermonaten beschränkt. Diese Maßnahme konnte den Energiebedarf nach Behördenangaben aber nicht genügend mindern. Die Stilllegungen sollen nun dazu beitragen, dass die Provinz ihre Energieverbrauchsziele bis Ende des Jahres erreicht. Bereits in der vergangenen Woche hatte die Regierung mehr als 2000 Zementwerken, Papier- und Stahlfabriken, Kokereien und Aluminiumhütten gedroht, sie zu schließen, sollten sie ihre Produktionsanlagen nicht erneuern.
Die Aktion macht einmal mehr die dramatischen Umweltfolgen des wirtschaftlichen Aufstiegs der Volksrepublik deutlich. Die Luft- und Wasserqualität in den Städten ist teils erbärmlich, immer wieder machen Umweltskandale Schlagzeilen. Erst Ende Juli war die Millionenstadt Jilin nach einem Chemieunfall zeitweise ohne Trinkwasserversorgung, und die Hafenstadt Dalian kämpft derzeit mit den Folgen einer gewaltigen Ölpest.
Jetzt versucht die Regierung in Peking anscheinend, das Problem mit drastischen Schritten zu bekämpfen. Bis Ende September sollen 2087 "rückständige" Fabriken geschlossen werden, die besonders verschwenderisch mit Energie umgehen. Vor zwei Wochen hatten die Behörden erklärt, der Fünfjahresplan zur Verbesserung der Energieeffizienz habe einen Rückschlag erlitten: Das wieder erstarkte Wachstum nach der globalen Krise und der Boom der Bauwirtschaft hätten die Nachfrage nach Stahl, Zement und anderen energieintensiven Produkten beflügelt. Allein im ersten Quartal 2010 ist die chinesische Wirtschaft um fast 12 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum gewachsen. Im zweiten Quartal lag der Wert bei rund zehn Prozent.
Rückschlag in Sachen Umweltschutz
Laut dem Fünfjahresplan sollte der Energieverbrauch pro Einheit produzierter Güter, auch Energieintensität genannt, bis zum Ende dieses Jahres um 20 Prozent sinken. Ende 2009 seien bereits mehr als 14 Prozent erreicht gewesen, meldete die Regierung im März. Doch in der ersten Hälfte dieses Jahres sei die Energieintensität nicht weiter gesunken, sondern um 0,09 Prozent gestiegen.
Pekings Initiative in Sachen Energieeffizienz hat nicht nur ökologische Gründe. Angesichts des enormen Wirtschaftswachstums ist die Regierung zunehmend besorgt über die wachsende Abhängigkeit von Öl- und Gasimporten aus teils politisch instabilen Regionen. Allerdings bereiten auch die Verschmutzung der mancherorts ohnehin kärglichen Wasservorräte und die Vernichtung von Waldbeständen Probleme. China ist inzwischen der weltgrößte Stahlproduzent und strebt auch in anderen Bereichen eine Führungsposition an. Die neueren Fabriken sind zwar auf einem technisch modernen Stand. Zugleich aber gibt es in dem Land Tausende kleinerer Altbetriebe, die von lokalen Behörden am Leben gehalten werden - weil sie Steuereinnahmen und Arbeitsplätze garantieren. Nach der jüngsten Anweisung aus Peking würden diese Betriebe ihre Emissionsrechte Ende September verlieren. Die Elektrizitätswerke würden die betroffenen Unternehmen nicht mehr mit Strom versorgen, Banken dürften nicht mehr mit ihnen handeln, teilte das Ministerium mit.