Logistikzentrum in Bad Hersfeld Neue Corona-Fälle bei Amazon

Amazon-Logistikzentrum in Bad Hersfeld (Archivbild): Nach SPIEGEL-Informationen gibt es dort sechs neue Corona-Fälle
Foto: REUTERS/Kai PfaffenbachIn einem Amazon-Logistikzentrum im hessischen Bad Hersfeld sind nach SPIEGEL-Informationen in den vergangenen Tagen sechs neue Corona-Fälle bekannt geworden. Die infizierten Mitarbeiter des Werkes "FRA3" sowie einige Kontaktpersonen wurden unter Quarantäne gestellt.
Mitarbeiter vom Gesundheitsamt des Landkreises Bad Hersfeld inspizierten die Räumlichkeiten - und ordneten eine Maskenpflicht für alle Beschäftigten an. Schon Anfang Mai war bei zwei Bad Hersfelder Amazon-Mitarbeitern das Coronavirus entdeckt worden. Im Amazon-Werk Winsen an der Luhe hatte es in den vergangenen Wochen sogar 53 und am Standort Pforzheim mindestens sieben Infektionen gegeben.
"Wir haben Angst, dass wir ein neuer Corona-Hotspot werden", sagte ein Mitarbeiter des Bad Hersfelder "FRA3"-Werks, "so wie das UPS-Verteilzentrum in Niedersachsen." Dort in Langenhagen wurden jüngst 72 Mitarbeiter positiv getestet.
Mitarbeiter sprechen von räumlicher Enge
Auch auf Schlachthöfen oder anderen Orten, wo Menschen auf engem Raum zusammen arbeiten oder wohnen, kam es zuletzt immer wieder zu Ausbrüchen. "Jetzt geht die Frage um: Haben sich noch viel mehr von uns angesteckt?", sagte ein anderes Amazon-Belegschaftsmitglied aus Bad Hersfeld. "Viele hier würden sich gern testen lassen. Aber unser Arbeitgeber bietet keine Tests an."
Übereinstimmend berichten Mitarbeiter, dass es im Bad Hersfelder Logistikzentrum noch immer "neuralgische Punkte" gebe, an denen viele Menschen auf engem Raum zu bestimmten Zeiten zusammentreffen: allen voran die Umkleidekabinen am Schichtende.
"Hier ist es nicht möglich, Abstand zu wahren, selbst wenn man es versucht", sagt ein Mitarbeiter. Ein Kollege kritisiert, dass Amazon trotz der räumlichen Enge im Bad Hersfelder Werk neue Leute eingestellt hat. "Jetzt wird es noch voller."
Ein Amazon-Sprecher äußerte sich auf Anfrage nicht direkt zu den neuen Infektionen, teilte aber mit: "Wir unterstützen die Personen, die sich jetzt in Quarantäne befinden." Man habe darüber hinaus "proaktive Maßnahmen" ergriffen, etwa zur Sicherstellung des Abstands am Arbeitsplatz. Und: "Bereits in der Vergangenheit haben wir in Bad Hersfeld den Mitarbeitern das Tragen von Mund-Nasen-Schutzmasken empfohlen."
Mitarbeiter verzichten auf Gesichtsmasken
Viele Arbeiter verzichteten bisher auf diesen Schutz, weil ihnen die stundenlange körperliche Arbeit mit Maske so sehr zu schaffen machte. Die Gewerkschaft Ver.di schreibt auf ihrer Internetseite sogar, dass Mitte Mai eine Aushilfskraft eines Amazon-Logistikzentrums im polnischen Poznan zusammengebrochen und gestorben sei.
Die etwa 40 Jahre alte Frau habe Kollegen zufolge einen Kreislaufzusammenbruch erlitten, "weil sie mit der vorgeschriebenen Gesichtsmaske das von den Vorgesetzten verlangte Arbeitstempo nicht durchhalten konnte." Der Amazon-Sprecher teilte dazu mit: "Es ist wirklich bedauerlich, dass eigennützige Kritiker dies zur Verbreitung von Fehlinformationen nutzen, wenn die Fakten eine andere Geschichte erzählen."
Für Unmut im Unternehmen sorgt auch die Entscheidung des Konzerns, zum Monatswechsel die Krisenprämie von zwei Euro pro Stunde zu streichen. "Der Corona-Zuschlag fällt weg", ärgert sich ein Mitarbeiter, "aber das Virus ist jetzt da."