Anerkennung im Job Ein Lob sagt mehr als 1000 Dienstwagen

Millionen Deutsche haben innerlich gekündigt, laut einer Umfrage fühlen sich 67 Prozent der Arbeitnehmer kaum noch an ihr Unternehmen gebunden. Hauptgrund ist fehlende Anerkennung durch den Chef. Motivationstrainer geben einen einfachen Rat: Vorgesetzte müssten ihre Mitarbeiter öfter loben.
Von Marike Frick
Büroszene: Lob muss individuell zugeschnitten sein

Büroszene: Lob muss individuell zugeschnitten sein

Foto: Corbis

Hamburg - Wenn Peter Röckl von "Wohlfühlcentern" spricht, zucken viele seiner Zuhörer erst mal zusammen. Die Firma als Wohlfühloase? So weit kommt's noch!

Röckl ist Motivationstrainer. Er erklärt seinen Klienten, was doch eigentlich offensichtlich ist: dass Angestellte den Großteil ihres Lebens in Unternehmen verbringen. Und dass sie sich deshalb dort wohlfühlen sollten. "Ob sie sich wohlfühlen", sagt Röckl, "das liegt häufig am Chef. Wenn er lobt, viel mit seinen Leuten spricht, wenn er sie gemäß ihrer Stärken einsetzt - dann werden sie motiviert sein."

Röckl predigt deshalb landauf, landab vor allem eines: das Loben. Ein gutes Gehalt sei zwar auch wichtig - aber nicht ausschlaggebend für die Motivation eines Mitarbeiters. Das bestätigt auch Marco Nink von Gallup Consulting.

"Das Gehalt wird vielfach überschätzt", sagt Nink. Dann erzählt er von Mitarbeitern, die hoch motiviert beginnen und irgendwann nur noch körperlich anwesend sind, nicht aber geistig. Der Grund: Sie erhalten zu wenig Anerkennung, werden zu selten gehört, füllen eine Aufgabe aus, die ihnen nicht wirklich liegt.

  • 67 Prozent der deutschen Arbeitnehmer fühlen sich deshalb laut dem Gallup Engagement Index kaum noch an ihr Unternehmen gebunden und machen lediglich Dienst nach Vorschrift.
  • 20 Prozent gaben an, sie hätten bereits innerlich gekündigt.
  • Nur 13 Prozent arbeiten nach eigener Aussage hoch engagiert.
  • Wenn Mitarbeiter dann wirklich gehen, wird als Grund häufig der Vorgesetzte genannt. Jeder Zweite würde laut Gallup ins Unternehmen zurückkehren, wenn er unter einem anderen Chef arbeiten dürfte.

"Dass man Lob und Anerkennung austeilen sollte, steht eigentlich in jedem Lehrbuch", sagt Nink. "Es wird aber oft nicht richtig gelebt." Und Motivationstrainer Röckl hebt hervor: "Ein Lob wirkt ähnlich wie ein Rauschmittel. Es werden die gleichen Botenstoffe ausgeschüttet."

Erfolge den Mitarbeitern schenken

Doch auch beim Loben gilt es einiges zu beachten. Erstens: Das Lob muss individuell zugeschnitten sein. Nicht jeder Mitarbeiter will vor versammelter Mannschaft hervorgehoben werden, andere wünschen sich genau das. Zweitens: Ständiges Lob kann inflationär wirken und sich damit abnutzen. Trotzdem sollte, drittens, jeder größere Anlass zum Belobigen genutzt werden.

Röckls Rat: Die Erfolge der Abteilung nicht als eigene verkaufen, sondern den Mitarbeitern schenken. "Betonen Sie außerdem die Stärken des Einzelnen, und lernen Sie, mit seinen Schwächen zu leben." Seminare, die die Schwächen eines Mitarbeiters ausbügeln sollen, würden nur wenig bringen. "Wenn Sie ihn stattdessen gemäß seiner Begabungen einsetzen, wird er aufblühen", so Röckl.

Um eben diese Stärken herauszufinden, muss das Gespräch gesucht werden. Und zwar regelmäßig, betonen die Experten. "Einmal im Jahr zum Mitarbeitergespräch einzuladen, reicht nicht", sagt Röckl. Denn es gilt vieles herauszufinden: Worin ist der Angestellte gut? Weiß er, was von ihm erwartet wird? Wie viel Freiraum braucht er, wie viel Anleitung? Wünscht er sich mehr Entwicklungsmöglichkeiten, hat er Vorschläge oder Ideen? "Ein größeres Büro, eine Prämie oder ein schicker Dienstwagen wirken kurzfristig", sagt Marco Nink. "Sie sind aber nicht ausschlaggebend für die Zufriedenheit."

All das kann sich auch in harten Zahlen auswirken. So stellte die länderübergreifende Tower-Perrins-Studie fest, dass motivierte Mitarbeiter sich positiv auf die Firmenbilanz auswirken. Und sie zeigt auch: Vorstände und Führungskräfte haben überall in der Welt den größten Einfluss auf das Engagement der Mitarbeiter.

"Viele Vorgesetzte halten sich aber für besonders wichtig und haben die Bodenhaftung verloren", sagt Röckl. "Seinen Mitarbeitern sollte man auf Augenhöhe begegnen, wenn man sie richtig einschätzen will. Ich kann nur jedem zu einer guten Portion Demut raten."

Chef werden wollen viele. Doch nicht jeder hat das Zeug dazu. Haben Sie's? Testen Sie Ihre Eignung zur Führungskraft:

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