Anklage wegen Insiderhandel Ex-Goldman-Direktor kommt auf Kaution frei

Jahrelang waren ihm die Ermittler auf der Spur: Nun hat die New Yorker Staatsanwaltschaft Anklage gegen Rajat Gupta erhoben. Der ehemalige Direktor von Goldman Sachs soll direkt nach einer Verwaltungsratssitzung seinem Freund Raj Rajaratnam von einem Geheimdeal mit Warren Buffet erzählt haben.
Rajat Gupta (l.) und Raj Rajaratnam: Sie sollen mit Insiderinformationen gehandelt haben

Rajat Gupta (l.) und Raj Rajaratnam: Sie sollen mit Insiderinformationen gehandelt haben

Foto: EMMANUEL DUNNAND/ERIC PIERMONT/ AFP

New York - Mit der Anklage gegen Rajat Gupta steht eine weitere schillernde Größe der New Yorker Business-Szene vor Gericht. Gupta, Ex- McKinsey-Chef und ehemaliges Verwaltungsratsmitglied von Goldman Sachs sowie Procter & Gamble, hatte sich nach jahrelangen Ermittlungen am Mittwoch selbst der Polizei in New York gestellt..

Die Börsenaufsicht SEC erneuerte daraufhin ihre bereits im März vorgebrachte Klage gegen den einst hoch angesehenen Aufseher. Gupta soll seinem Freund Raj Rajaratnam mehrfach Firmengeheimnisse verraten haben, mit denen dieser dann an der Börse Millionen gemacht habe.

Abgehörten Telefonaten zufolge soll Gupta dem Hedgefondsmanager Rajaratnam unter anderem 23 Sekunden nach Ende einer Verwaltungsratssitzung von Goldman Sachs angerufen und darüber informiert haben, dass der Bank ein Verlust drohe. Gupta habe Rajaratnam deswegen empfohlen, seine Goldman-Aktien zu verkaufen.

Die Staatsanwaltschaft und die SEC werfen Gupta zudem vor, nach einer weiteren Verwaltungsratsitzung im September 2008 gleich zum Telefon gegriffen und Rajaratnam erzählt haben, dass der legendäre US-Investor Warren Buffett fünf Milliarden Dollar in die Investmentbank stecken wolle. Der Plan war noch geheim - und zu Zeiten der Finanzkrise ein echter Kracher. Buffett drückte damit sein Vertrauen in Goldman Sachs   aus.

Als die Finanzspritze öffentlich verkündet wurde, schoss die Aktie nach oben. Rajaratnam soll sich vorher mit Aktien eingedeckt und - so sagt es die Staatsanwaltschaft - beim Wiederverkauf 840.000 Dollar Profit gemacht haben. Rajaratnam war deshalb vor kurzem bereits wegen Insiderhandels zu elf Jahren Gefängnis verurteilt worden - eine der höchsten Strafen, die in den USA wegen dieses Delikts jemals verhängt wurden.

Nun droht auch seinem Kumpel Gupta eine hohe Strafe. "Einige der führenden amerikanischen Institutionen haben Rajat Gupta vertraut und ihn in ihre Verwaltungsräte berufen", sagte der Bundesstaatsanwalt von Manhattan, Preet Bharara. "Er hat dieses Vertrauen missbraucht."

Gupta war früher Chef der Unternehmensberatung McKinsey und hatte aus dieser Zeit viele Kontakte. Das brachte ihm zahlreiche Posten bei bekannten US-Konzernen ein. So saß er vom November 2006 bis zum Mai 2010 im Verwaltungsrat von Goldman Sachs. Das Gremium, vergleichbar mit dem deutschen Aufsichtsrat, kontrolliert die Konzernspitze und hat damit auch Zugang zu wichtigen Interna der Bank. Das soll Gupta ausgenutzt haben.

Guptas Anwalt: "Die Vorwürfe sind unbegründet"

Schon während des Prozesses gegen Rajaratnam im Mai hatte der Chef der Investmentbank Goldman Sachs, Lloyd Blankfein, ausgesagt, dass Aufsichtsrat Gupta in Gesprächen mit Rajaratnam seine Schweigepflicht gebrochen habe. Gupta sah sich zu Unrecht verfolgt und verklagte seinerseits die Börsenaufsicht SEC. Beide Parteien einigten sich im August, die Klagen fallen zu lassen. Dennoch gab Gupta seine Aufsichtsratsmandate ab. Nun hat die SEC ihre Klage erneuert.

Zudem ermittelt das Justizministerium in Washington als oberste Anklagebehörde des Landes gegen Gupta. Sollte er in allen Anklagepunkten schuldig gesprochen werden, droht ihm eine Strafe von bis zu 100 Jahren Gefängnis.

Der ehemalige Goldmann-Aufseher war vorübergehend von der Polizei festgehalten worden, nachdem er sich gestellt hatte. Am Abend entschied ein Gericht, ihn vorläufig frei zu lassen - gegen die Zahlung einer Kaution von zehn Millionen Dollar. Gupta muss seinen Pass abgeben und darf die USA nicht verlassen.

Guptas Anwalt wollte sich zu den Klagen nicht äußern. Er teilte lediglich mit, Vorwürfe, sein Mandant sei in illegale Handlungen verstrickt, seien unbegründet. Gupta sei unschuldig und habe weder mit Insider-Informationen gehandelt noch Rajaratnam Informationen geliefert.

Der Handel mit Aktien auf der Grundlage geheimer Informationen ist verboten, weil es andere Anleger benachteiligt. Wer einen Wissensvorsprung hat, kann abschätzen, wie sich Kurse entwickeln - und damit enorme Gewinne machen. Der Hedgefonds-Gründer und Milliardär Rajaratnam hatte, so sagte es das Gericht, einen regelrechen Insider-Ring aufgebaut. Es gibt Dutzende Anklagen und auch schon Verurteilungen.

Der Fall hatte 2009 erhebliches Aufsehen erregt: Zahlreiche Börsenprofis, Spitzenmanager und Anwälte hatten untereinander börsenrelevante Informationen ausgetauscht. Laut Staatsanwaltschaft profitierte Rajaratnam allein mit 70 bis 75 Millionen Dollar von dem Insider-Wissen. Die Ermittlungen dauerten mehr als sechs Jahre, Ende 2009 ließen die Behörden den Wall-Street-Star schließlich auffliegen. Insgesamt beschuldigten sie 46 Personen - mehr als 30 sind inzwischen verurteilt worden.

lgr/dpa/Reuters
Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren