Apple in Irland 50 Euro Steuern für eine Million Euro Gewinn

Apple-Logo in Irland
Foto: CLODAGH KILCOYNE/ REUTERSNun also Apple: Die EU-Kommission geht in ihrem Kampf gegen Steuervergünstigungen für Großkonzerne gegen Irland vor und greift damit den iPhone-Hersteller aus Kalifornien an. Anders als bei anderen Unternehmen geht es in diesem Fall um richtig viel Geld: Bis zu 13 Milliarden Euro hat Apple demnach durch die Steuertricks gespart, die irische Regierung soll das Geld nun nachfordern.
Dahinter steht Margrethe Vestager. Die EU-Wettbewerbskommissarin nimmt sich die ganz großen Konzerne vor: Nach Starbucks, Fiat Chrysler, demnächst wohl auch McDonald's, wagt die Dänin jetzt den Angriff gegen den mächtigsten US-Konzern.
Warum geht die EU-Kommission gegen Apple vor?
Mehr als zwei Jahre hat die EU-Kommission geprüft, ob die irische Regierung Apple steuerlich anders behandelte, als andere Unternehmen. In der EU gilt so eine Bevorzugung als unzulässige staatliche Beihilfe, genauso wie direkte Subventionen für Unternehmen oder steuerliche Ausnahmen wie sie beispielsweise Deutschland bei der EEG-Umlage energieintensiven Unternehmen gewährt. "Illegale staatliche Unterstützung schadet dem Wettbewerb und damit den Unternehmen", argumentiert Vestager.
In solchen Fällen eröffnet die EU-Kommission ein Verfahren und verlangt die Rückzahlung der Vergünstigungen.
Nach Ansicht der EU-Kommission ist das bei Apple der Fall : Der irische Steuersatz des iPhone-Herstellers lag demnach im Jahr 2003 lediglich bei einem Prozent und sank bis 2014 auf 0,005 Prozent - 50 Euro Steuern auf eine Million Euro Gewinn. "Wenn mein Steuersatz auf 0,005 Prozent sinken würde", sagte EU-Wettbewerbskommissarin Vestager dazu, "hätte ich das Gefühl, dass ich meinen Steuerbescheid noch einmal prüfen sollte."
Wie funktionierte Apples Steuertrick?
Apple besitzt seit den Achtzigerjahren zwei Tochtergesellschaften in Irland, Apple Operations Europe und Apple Sales International. Letztere ist für den Vertrieb zuständig, sie kauft Apple-Produkte von den Herstellern und verkauft sie an Kunden in Europa, im Nahen Osten, in Afrika und Indien. Alle Gewinne aus diesen Geschäften laufen bei der irischen Firma auf. Ein Teil davon - 2011 etwa waren es rund zwei Milliarden Dollar - geht ganz legal an die US-Mutter, als Zuschüsse für Forschung und Entwicklung.
Die EU-Kommission bemängelt die Weiterverrechnung der übrigen Gewinne innerhalb Irlands. Besonders kritisch sieht sie sogenannte Steuervorbescheide: Dabei beantragen die Firmen vorab eine Prüfung ihrer Pläne. Das ist zwar legal, wird aber problematisch, wenn Steuerbehörden damit einzelnen Firmen Sonderkonditionen gewähren.
Aus Sicht der EU-Kommission war das bei Apple der Fall. Demnach übertrug Apple Sales International beispielsweise im Jahr 2011 umgerechnet rund 16 Milliarden Euro Gewinn fast vollständig an Verwaltungssitze, sogenannte Head Offices, die weder in irgendeinem Land niedergelassen waren noch eigene Mitarbeiter hatten. Nur 50 Millionen Euro Gewinn seien in Irland versteuert worden. Ähnlich war es demnach bei der zweiten Firma Apple Operations Europe.
Diese Firmenkonstruktion, die laut EU-Kommission "weder sachlich noch wirtschaftlich gerechtfertigt" war, sei von den irischen Steuerbehörden gebilligt worden - ein Verstoß gegen die EU-Beihilfevorschriften, weil andere Unternehmen diese Möglichkeit nicht hatten. Wettbewerbskommissarin Vestager stellte allerdings klar, dass die Kommission weder das allgemeine Steuersystem in Irland noch den dort geltenden Körperschaftsteuersatz oder die Steuerstruktur von Apple in Europa als solche in Frage stelle.
Wer treibt das Geld ein?
Die EU-Vorschriften sehen vor, dass unrechtmäßige Beihilfen zurückgefordert werden müssen, um eine Wettbewerbsverzerrung zu beseitigen - Strafzahlungen gibt es nicht. Im Fall Apple geht es laut Vestager um Steuernachzahlungen von bis zu 13 Milliarden Dollar zuzüglich Zinsen. Die Kommission berücksichtigte nur den Zeitraum ab 2003, weil erst 2013 die ersten Ermittlungen angestrengt worden seien und Beihilfen ab diesem Punkt nur für ein Jahrzehnt zurückgefordert werden können - seit 2015 zahlt Apple in Irland regulär Steuern.
Die irische Regierung will sich der Anordnung widersetzen und vertritt die Auffassung, Apple keine Steuervorteile gewährt zu haben. Allerdings könnten auch andere Staaten, in denen die irischen Apple-Töchter tätig waren, die Untersuchungsergebnisse der EU-Kommission nutzen: Sollten sie der Meinung sein, dass Apple die Steuern eigentlich in ihrem jeweiligen Land hätte zahlen müssen, könnten sie ebenfalls Nachforderungen für einen Teil der Milliardenrückzahlung stellen.
Apple kündigte umgehend an, in Berufung zu gehen. Chefjurist Bruce Sewell bezeichnete das Verfahren der EU-Kommission als "grob unfair". Sewell gab sich zuversichtlich, ein Gerichtsverfahren zu gewinnen, es werde sich aber "voraussichtlich über mehrere Jahre hinziehen." In einem im Internet veröffentlichten Brief schrieb Apple-Chef Tim Cook, die EU-Kommission habe einen Versuch gestartet "die Geschichte von Apple in Europa umzuschreiben, die irischen Steuergesetze zu ignorieren und dadurch das internationale Steuersystem zu kippen."
Existenzbedrohend ist die Forderung für Apple allerdings nicht: Der iPhone-Konzern sitzt derzeit auf Geldreserven von mehr als 200 Milliarden Euro - und der Aktienkurs reagierte auf die Steuernachforderung kaum.
Zusammengefasst: Die EU-Kommission hat Irland dazu verdonnert, von Apples irischen Tochterfirmen Steuern in Höhe von bis zu 13 Milliarden Euro plus Zinsen nachzufordern. Der US-Konzern hatte die Gewinne an Verwaltungssitze weitergeleitet, die in keinem Land registriert waren und keine Mitarbeiter hatten und damit seine Steuerlast auf bis zu 0,005 Prozent reduziert. Sowohl Apple als auch Irland wollen gegen die Entscheidung vorgehen.