Aus der Kernenergie Letzte drei Atomkraftwerke in Deutschland vom Netz genommen

Schluss mit Atomstrom: Eigentlich sollten die letzten drei Atomkraftwerke in Deutschland schon Ende 2022 abgeschaltet werden. Die Energiekrise verschaffte ihnen noch drei weitere Monate Laufzeit. Nun sind sie abgeschaltet.
Abgeschaltet: Atomkraftwerk in Lingen

Abgeschaltet: Atomkraftwerk in Lingen

Foto: Lars Klemmer / dpa

Deutschland hat den Atomausstieg vollzogen: Die letzten drei Kernkraftwerke sind am Samstagabend vom Netz gegangen. Das teilten die Betreiber der Meiler Isar 2 in Bayern, Neckarwestheim 2 in Baden-Württemberg und Emsland in Niedersachsen mit. Damit die Atomkraftwerke als abgeschaltet gelten, waren nach der Trennung der Generatoren vom öffentlichen Stromnetz noch ein paar technische Schritte nötig.

Bis zur letzten möglichen Stunde hatten die Betreiber noch Strom durch Kernspaltung produziert – als Letztes war das Kraftwerk Neckarwestheim 2 nach Angaben des Betreibers um 23.59 Uhr vom Netz gegangen. »Wir arbeiten nach Recht und Gesetz und da ist es eindeutig, dass der Leistungsbetrieb ab dem 16. April eine Straftat wäre«, sagte der Chef-Atomaufseher des Bundes, der Abteilungsleiter für Nukleare Sicherheit und Strahlenschutz im Umweltministerium, Gerrit Niehaus, der Deutschen Presse-Agentur.

Es ist der Beginn einer neuen Energie-Zeitrechnung: Kernkraftgegner feierten den historischen Schritt am Samstag mit Festen in Berlin und anderswo. Mehrere Hundert Menschen kamen zu einem «Abschaltfest» nach Neckarwestheim und auch in München veranstalteten der Bund Naturschutz und Greenpeace ein »Atomausstiegsfest«. Am niedersächsischen AKW-Standort Lingen demonstrierten Hunderte Atomkraftgegner gegen die dort ebenfalls ansässige Brennelementefabrik ANF, die zum französischen Framatome-Konzern gehört, und forderten auch deren Schließung.

Betroffenheit an den Standorten

Betroffenheit über den Ausstieg herrschte hingegen am Atomkraftwerk Isar 2 im bayerischen Essenbach. Für die Mitarbeiter des Meilers ist das Abschalten nach Angaben des Vorsitzenden des Betreiberkonzerns Preussen-Elektra, Guido Knott, ein emotionaler Moment: »Heute endet nach 50 Jahren die Stromproduktion aus Kernenergie bei Preussen-Elektra. Das geht uns allen sehr nahe, und das macht auch mich persönlich sehr betroffen.«

Der Konzern hatte zuvor den Ablauf genau erklärt, der für alle drei Meiler quasi gleich ist: Nach der Trennung vom Stromnetz sollte der Reaktor etwa innerhalb einer Viertelstunde abgeschaltet werden. Danach wird er »kaltgefahren«. Das bedeutet, dass die Temperatur in der Anlage innerhalb von etwa zwölf Stunden auf Umgebungstemperatur gesenkt wird. Etwa neun Stunden nach der Abschaltung sollte über dem Kühlturm kein Dampf mehr zu sehen sein.

Den Atomausstieg hatte die Regierung von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) nach der Nuklearkatastrophe im japanischen Fukushima 2011 für Deutschland beschlossen. Eigentlich sollte er schon mit dem Ende vergangenen Jahres vollzogen werden. Wegen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine und der dadurch ausgelösten Energiekrise beschloss die jetzige Ampel-Koalition von Merkels Nachfolger Olaf Scholz (SPD) im vergangenen Herbst jedoch, die Meiler über den Winter bis Mitte April noch weiterlaufen zu lassen.

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Doch auch nach dem vollzogenen Atomausstieg bleiben die Herausforderungen im Umgang mit der Hochrisikotechnologie. Zunächst einmal müssen die Meiler möglichst schnell zurückgebaut werden. Das Atomgesetz habe die Regelung, dass die Kernkraftwerke unverzüglich abzubauen seien, sagte Atomaufseher Niehaus. »Das heißt, einerseits das Abbau-Genehmigungsverfahren voranzutreiben, aber auch schon erste zulässige Schritte in Richtung Abbau vorzunehmen.«

jpa/jat/dpa

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