Attacke gegen VW Wulff hatte früh Hinweise auf Porsches Übernahmeversuch

Bundespräsident Wulff: Informationspflicht im VW-Aufsichtsrat verletzt
Foto: ODD ANDERSEN/ AFPHamburg - Neuer Wirbel um Christian Wulff: Nach SPIEGEL-Informationen wurde der Bundespräsident bereits sehr früh auf die Möglichkeit aufmerksam gemacht, dass Porsche bald versuchen könnte, VW zu übernehmen.
Es geht um einen Vermerk vom 12. Februar 2008. In diesem teilte Mathias Middelberg, damals Chef der Wirtschaftsabteilung in der Hannoveraner Staatskanzlei, Wulff Folgendes mit: "Mittelfristiges Ziel von Porsche ist der Abschluss eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags", für den Porsche "in der Regel 75 Prozent, hier gegebenenfalls 80 Prozent" der VW-Stammaktien benötigte. Dies würde "Porsche den unmittelbaren Zugriff auf das untergeordnete Unternehmen VW einräumen".
Porsche hatte bis Ende Oktober 2008 stets abgestritten, einen Aktienanteil von 75 Prozent bei VW anzustreben. Viele Anleger hatten auf sinkende VW-Kurse gesetzt und Milliarden verloren, als Porsche am 26. Oktober erklärte, der Sportwagenbauer strebe doch 75 Prozent bei VW an, und der Kurs kurzfristig bis auf mehr als 1000 Euro stieg.
Nach Ansicht von Kapitalmarktexperten hätte Wulff nach dem Vermerk seines Mitarbeiters dem VW-Aufsichtsrat über diese Information berichten müssen. Dieser hätte den VW-Vorstand informieren sollen, der über die Herausgabe einer sogenannten ad-hoc-Meldung hätte entscheiden müssen, um die Aktionäre zu informieren.
Skoda zu Spezialkonditionen
Der Vermerk gibt Investoren, die wegen der Aktienturbulenzen Schadensersatz fordern, neues Futter. Zahlreiche Investoren verlangen mittlerweile Geld von VW und Porsche in Milliardenhöhe. Allein beim Landgericht Braunschweig summieren sich die Forderungen auf mehr als 1,8 Milliarden Euro. Die Inkassogesellschaft ARFB klagt in diesem Zusammenhang auch gegen Wulff.
Wulff muss sich seit Jahresbeginn gegen zahlreiche Vorwürfe wehren. Es war unter anderem bekannt geworden, dass er sich in seiner Zeit als Ministerpräsident bei Geschäftsfreunden zu günstigen Bedingungen einen Kredit beschafft hatte; Ärger gab es auch wegen einer Nachricht auf der Mailbox von Kai Diekmann, in der Wulff den Chef der "Bild"-Zeitung eindringlich ermahnte, die Veröffentlichung eines Artikels zu verschieben, der sich mit ihm kritisch befasst.
Schon am Samstag wurde eine neue fragwürdige Aktion des Bundespräsidenten bekannt. Als niedersächsischer Ministerpräsident leaste Christian Wulff nach SPIEGEL-Informationen einen Skoda zu "Aufsichtsratskonditionen". Er musste nur ein Prozent vom Neuwagenpreis als monatliche Leasinggebühr zahlen, gewöhnliche Kunden müssen 1,5 Prozent abführen. Bei einem Autopreis von rund 20.000 Euro entspricht dies einem Vorteil von 1200 Euro innerhalb eines Jahres.
Nach dem niedersächsischen Ministergesetz dürfen Minister und der Ministerpräsident "keine Belohnungen und Geschenke in Bezug auf ihr Amt annehmen". Möglicherweise hat Wulff gegen dieses Gesetz verstoßen.