»Produkte nicht mehr erhältlich« Amazon und Lieferando werfen Attila Hildmann raus

Attila Hildmann bei einer Demo in Berlin (Archiv)
Foto: Christian MangDieser Artikel gehört zum Angebot von SPIEGEL+. Sie können ihn auch ohne Abonnement lesen, weil er Ihnen geschenkt wurde.
Antisemitismus, Holocaust-Leugnung, offene Gewaltdrohungen: Der frühere Imbissbetreiber und Kochbuchautor Attila Hildmann hat sich nach seiner Flucht in die Türkei in den vergangenen Wochen noch stärker radikalisiert. Als Konsequenz werfen ihn nun einige der letzten Unternehmen, die seine Produkte noch vertrieben haben, aus dem Sortiment: Amazon und Lieferando.
Bei dem Online-Versandhändler Amazon hatte Hildmann bis zuletzt vegane Kochbücher und Lebensmittel, etwa Bio-Matcha-Tee, vertrieben. Zeitweise wurden die Produkte auch über das konzerneigene »Prime«-Angebot versandt. Bisher hatte sich Amazon geweigert, den Autor aus dem Sortiment zu entfernen, da die Bücher im Gegensatz zu den sonstigen Äußerungen Hildmanns keine verfassungsfeindlichen Inhalte enthielten oder durch die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM) indiziert waren. Das hat sich nun offenbar geändert. »Die entsprechenden Produkte sind nicht mehr erhältlich«, erklärte ein Amazon-Sprecher auf Anfrage.

Zurück ins Leben
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Lieferando entfernt Hildmann-Imbiss
Auch der Essenslieferdienst Lieferando, der zum niederländischen Konzern Just Eat Takeaway gehört, beendete vor Kurzem die Zusammenarbeit mit dem Kochbuchautor und früheren Imbissbetreiber. Bereits im vergangenen Herbst hatte Firmenchefin Katharina Hauke gegenüber dem SPIEGEL einen möglichen Rauswurf angedeutet . »Wir besprechen derzeit im Management, wie wir damit umgehen«, sagte Hauke. Offenbar mit eindeutigem Ergebnis: Seit Kurzem ist die »Vegan Bio Snackbar by Attila Hildmann« nicht mehr in der App verfügbar.
Hildmann habe klar gegen die Geschäftsbedingungen des Unternehmens verstoßen, sagte ein Lieferando-Sprecher. »Wir distanzieren uns von jeglichem nicht inklusiven Verhalten.« Lieferando und Just Eat Takeaway seien inklusive Unternehmen, die aufgeschlossene Menschen mit unterschiedlichsten kulturellen Hintergründen, religiösen Überzeugungen und weltanschaulichen Vorstellungen »aus mehr als hundert Nationen und Regionen beschäftigen«.
Hildmann ist infolge eines Haftbefehls derzeit in der Türkei untergetaucht, die Staatsanwaltschaft Berlin wirft ihm unter anderem Volksverhetzung, Beleidigung, Bedrohung und öffentliche Aufforderung zu Straftaten vor. Auf seinem Telegram-Kanal hatte er wiederholt antisemitische Botschaften verbreitet.
Schlechte Geschäfte
Lieferando und Amazon folgen einer langen Reihe von Unternehmen, die sich aus diesem Grund von Hildmann distanziert haben. Kaufland und Vitalia verbannten die Produkte des Verschwörungstheoretikers bereits im vergangenen Mai aus ihren Regalen, der Safthersteller Voelkel stellte die Produktion seines Energydrinks »Daisho« ein. Im Juni folgte das Handelsunternehmen Tegut, das den ehemaligen Geschäftspartner mit deutlichen Worten verabschiedete: »Herr Hildmann hat sich mit der Summe seiner Äußerungen und Handlungen der letzten Wochen als Partner für Tegut selbst disqualifiziert.« Bei Tegut würden keine rechts- oder linksradikalen, rassistischen, diskriminierenden oder beleidigenden Äußerungen akzeptiert.
Auch die Buchhandelskette Thalia, die noch im vergangenen Juli »niemanden bevormunden« wollte und akzeptierte, »dass es Meinungen gibt, die nicht im Einklang mit unseren eigenen Werten stehen«, hat offenbar umentschieden. Wer auf der Website des Unternehmens nach »Hildmann« sucht, sieht mittlerweile eine blau hinterlegte Botschaft: »Wir distanzieren uns mit allem Nachdruck von einer rechtsradikalen und antisemitischen Weltanschauung, so wie sie u.a. von Herrn Hildmann vertreten wird.«