Razzien wegen Abgasaffäre Es wird eng für den Audi-Chef

Nun also auch Audi: Polizisten und Staatsanwälte haben am frühen Morgen mehrere Standorte des Konzerns durchsucht. Jetzt wird gegen die VW-Tochter ermittelt - und Audi-Chef Stadler gerät in Bedrängnis.
Audi-Chef Stadler präsentiert die Jahreszahlen

Audi-Chef Stadler präsentiert die Jahreszahlen

Foto: Matthias Schrader/ AP

Zu einem ungünstigeren Termin konnte die Razzia für Audi kaum kommen: Am Mittwochmorgen, unmittelbar vor der Präsentation der Jahreszahlen, durchsuchten mehr als 100 Polizisten und Staatsanwälte die Audi-Zentrale in Ingolstadt, das Werk in Neckarsulm, den VW-Konzernsitz in Wolfsburg und sieben weitere Standorte. Auch Privaträume wurden durchsucht, allerdings offenbar nicht die Wohnung von Audi-Chef Rupert Stadler.

Anlass der Durchsuchungen sind die Abgasmanipulationen bei Dieselmotoren. Die Staatsanwaltschaft München II hat nun ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Betrugs und der strafbaren Werbung eingeleitet.

Dabei geht es laut der Behörde um 80.000 Dieselfahrzeuge, die bis 2015 in den USA verkauft worden seien. "Es besteht der Verdacht, dass in diese Kraftfahrzeuge technische Vorrichtungen zur Manipulation von Abgaswerten eingebaut wurden, um die US-amerikanischen Abgasgrenzwerte einzuhalten, und die Käufer diesbezüglich nicht informiert wurden." Das europäische Geschäft sei nicht betroffen.

Vorerst richtet sich das Verfahren gegen unbekannt, genauso wie anfangs bei Volkswagen. Mittlerweile aber werden zahlreiche VW-Manager konkret beschuldigt. Auch bei Audi dürften bald Anklagen erhoben werden, dafür sind die Razzien gedacht.

Schon seit Längerem ist bekannt, dass Audi in den USA Dieselautos mit einer dort illegalen Software verkauft hat, die niedrigere Abgaswerte angibt - die Justiz in Bayern hatte unmittelbar ein Prüfverfahren eingeleitet. Laut Audi-Chef Stadler ist die Aufarbeitung der Affäre "noch lange nicht abgeschlossen", sein Unternehmen tue alles, "dass so etwas wie die Dieselaffäre bei uns nie wieder passiert". Allerdings gibt es Zweifel daran, dass Stadler der richtige Mann für die Aufarbeitung ist. Interne Unterlagen aus dem Jahr 2008, die dem SPIEGEL vorliegen, belasten den Audi-Chef.

Die Dokumente belegen, dass der Abgasbetrug mit Audis Dieselmotoren in der Amtszeit Stadlers generalstabsmäßig vorbereitet wurde. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass der Chef nichts davon gewusst hat. Audi-Techniker schlugen damals die "Einführung zweier Betriebsmodi" vor: Auf dem Prüfstand sollten die Abgase bestmöglich von Stickoxiden gereinigt werden, zu ">90 Prozent", beim normalen Fahrbetrieb dagegen nur zu "30-70 Prozent". Ein interner Vermerk hielt 2012 fest, dass dieser Trick in den USA illegal sei - unklar ist nur, ob Stadler davon wusste oder nicht.

Klar ist: Audi hat den Betrug eingestanden und muss in den USA die 80.000 betroffenen Autos reparieren oder von seinen Kunden zurückkaufen - gut 1,6 Milliarden Euro musste der Konzern im vergangenen Jahr deshalb zurücklegen.

Die Präsentation der Jahreszahlen geriet angesichts der Razzia etwas in den Hintergrund - sie waren aber auch wenig ermutigend: Audi musste 2016 weitere 162 Millionen Euro im Zusammenhang mit womöglich fehlerhaften Takata-Airbags zurücklegen. Der Gewinn brach um mehr als die Hälfte ein auf knapp 2,1 Milliarden Euro. Der Umsatz legte dank eines Absatzrekords von 1,87 Millionen verkauften Autos zwar um 1,5 Prozent zu. Die Rendite fiel aber von 8,3 auf 5,1 Prozent - deutlich unter die Werte der Konkurrenten Mercedes und BMW. Und bereits im Februar verkaufte Audi wieder weniger Autos als im Vorjahr und weniger als die Konkurrenz.

Audi-Chef Stadler scheint sich aber von schlechten Zahlen nicht beirren zu lassen. Einen Rücktritt hat er schon vor Wochen kategorisch ausgeschlossen. Allerdings schien Audi damals vom Dieselskandal weitgehend verschont zu bleiben. In seiner Rede zur Jahresbilanz erwähnte Stadler die Razzien vorsichtshalber überhaupt nicht.

nck
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