Auftragsflaute Industrie spürt Ende des Booms

Es ist das erste Minus seit rund zwei Jahren: Die deutsche Industrie hat im Juli einen Auftragsrückgang verzeichnet, die Maschinenbauer schaffen nur noch ein Mini-Wachstum. Auch aus China kommen Anzeichen für eine Abkühlung der Konjunktur.
Pumpen-Produktion: Nachfrage nach deutschen Maschinen sinkt

Pumpen-Produktion: Nachfrage nach deutschen Maschinen sinkt

Foto: Bernd Thissen/ dpa

Berlin/Frankfurt - Die Erholung von der Krise war beeindruckend, doch langsam mehren sich in der deutschen Wirtschaft Anzeichen für ein Ende des Booms: Laut dem Markit-Einkaufsmanagerindex verbuchte die deutsche Industrie im Juli erstmals seit rund zwei Jahren einen Auftragsrückgang.

Der aus einer Umfrage unter rund 500 Unternehmen gebildete Indikator fiel nach endgültigen Berechnungen um 2,6 auf 52 Punkte und damit auf den tiefsten Stand seit Oktober 2009. Das Barometer liegt zwar noch über der Wachstumsschwelle von 50 Punkten - aber mehr als zehn Zähler unter seinem Rekordhoch vom Februar 2011.

"Der fast zweijährige Boom bei den Exportorders endete und drückte den Gesamtauftragseingang ebenfalls in die Verlustzone", sagte Markit-Experte Tim Moore. Während die Vorleistungsgüterindustrie ihre Produktion weiter erhöhte, schrumpfte die Leistung im Investitions- und Konsumgüterbereich leicht. Das nachlassende Neugeschäft sorgte dafür, dass die Auftragsbestände erstmals seit 21 Monaten nicht mehr wuchsen, sondern stagnierten. Dennoch setzte die Industrie die geplanten Neueinstellungen um, der Jobaufbau hält damit seit 16 Monaten an.

Wegen der sinkenden Nachfrage fuhren die Unternehmen auch erstmals seit knapp zwei Jahren ihre Einkaufsmengen zurück. "Die positive Nachricht ist, dass sich der Kostenauftrieb verminderte", sagte Moore. Die Einkaufspreise stiegen so wenig wie seit eineinhalb Jahren nicht mehr. In der Folge stiegen auch die Verkaufspreise weniger, und zwar mit der schwächsten Rate seit acht Monaten.

Die Wachstumsraten werden kleiner

Auch der deutsche Maschinenbau meldete nach vielen Monaten starken Wachstums einen deutlichen Rückgang der Auftragseingänge. Im Juni sorgte laut dem Branchenverband VDMA nur ein weiterhin kräftiges Plus im Ausland für ein kleines Wachstum von real einem Prozent. Während die Bestellungen aus dem Inland mit minus 14 Prozent zum ersten Mal seit Anfang vergangenen Jahres rückläufig waren, kamen aus dem Ausland zehn Prozent mehr Aufträge herein.

"Der Rückgang der Inlandsorders liegt vor allem an dem außergewöhnlich hohen Vorjahreswert", sagte VDMA-Konjunkturexperte Olaf Wortmann. "Es gibt aber auch erste Zeichen dafür, dass die Investitionsgüterkonjunktur in Deutschland sowie in den Euro-Partnerländern weniger schwungvoll verläuft." Die Wachstumsraten würden kleiner.

Die chinesische Industrie verzeichnete ebenfalls eine abgeschwächte Nachfrage. Der Einkaufsmanagerindex für den Sektor sei von 50,9 im Juni auf 50,7 Punkte im Juli gefallen, teilte der Branchenverband Logistik und Einkauf mit. Damit fiel das Barometer auf den tiefsten Stand seit mehr als zwei Jahren. Allerdings hielt sich der Index weiter über einem Stand von 50 Punkten und deutet damit auf Wachstum in der Industrie hin.

Der Wirtschaftsweise Peter Bofinger warnte angesichts der Schuldenkrisen in den USA und Europa vor einer deutlichen Abkühlung der deutschen Konjunktur. "Wir werden in Deutschland deutlich geringere Wachstumsraten erleben als 2010 und 2011", sagte Bofinger der "Rheinischen Post". "Raten von über drei Prozent gehören der Vergangenheit an."

dab/dpa-AFX/Reuters
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