Aus für Abwrackprämie Rabattwelle soll Autoabsatz stabilisieren

Mitarbeiter auf dem Schrottplatz: "Nun ist auch das Fass leer"
Foto: A3912 Marcus Brandt/ dpaHamburg/Berlin - Das Abwracken hat ein Ende: Am Mittwochmorgen hat das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) mitgeteilt, dass die letzten Gelder der Abwrackprämie vergeben worden sind. Es stehen "keine Mittel für die Umweltprämie mehr zur Verfügung", lautete die kurze Mitteilung des Amtes - und das macht Autoindustrie und Händlern Sorgen.
Denn sie sehen durch den Wegfall der Konjunkturspritze künftige Verkäufe schrumpfen: "Der Fördertopf wird in diesen Tagen ausgeschöpft, die Neuwagen-Nachfrage wird danach deutlich sinken", sagte Volker Lange, Präsident des Verbandes der Internationalen Kraftfahrzeughersteller (VDIK). "Ich gehe allerdings davon aus, dass der Rückgang angesichts der ausgesprochen hohen Zahl von erstmaligen Neuwagenkäufern moderater ausfallen kann als noch im Frühjahr erwartet worden ist." Die Branche geht daher davon aus, dass die Zahl der verkauften Neuwagen im laufenden Jahr der Wirtschaftskrise zum Trotz den Vorjahreswert von 3,09 Millionen deutlich übersteigen wird.
Absatzplus im August
Tatsächlich hat die Abwrackprämie die deutschen Autoverkäufe weiter beflügelt. Nach kräftigen Zuwächsen in den Vormonaten haben die Händler auch im August mit rund 275.000 Neuwagen etwa 28 Prozent mehr abgesetzt als im Vergleichsmonat des Vorjahres, wie der VDIK weiter mitteilte. "Für die Kfz-Branche war diese Förderungsmaßnahme das beste, was man sich nur vorstellen konnte", sagte auch der Präsident des Zentralverbands Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe, Robert Rademacher, dem Radiosender MDR Info. "Aus dem Prämientopf ist ein Prämienfass geworden."
Nach Einschätzung von SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier und IG-Metall-Chef Berthold Huber konnten dank der Prämie sogar rund 200.000 Arbeitsplätze gehalten werden. Jetzt müsse man darauf vertrauen, dass die Weltkonjunktur in den kommenden Monaten anspringe, sagte Steinmeier am Mittwoch in Berlin nach einem Treffen von Betriebsräten der IG Metall mit SPD-Bundesministern. Es stünden noch schwierige Zeiten bevor.
Auch Huber sagte, die Krise sei noch nicht vorbei. Es gebe Händler in der Automobilindustrie, die eine Verlängerung der Prämie gefordert hätten. Er werde jedoch nicht in Berlin vorstellig werden, um dies von der Bundesregierung zu verlangen, sagte Huber. Es sei immer klar gewesen, dass solche Maßnahmen zeitlich befristet sein müssten.
Volkswagen zum Beispiel werde nach dem Auslaufen der Abwrackprämie verstärkt auf Kurzarbeit setzen, schätzt Huber. Auch andere Firmen in der Autobranche, die bisher nur minimal von Kurzarbeit Gebrauch gemacht hätten, würden künftig sicherlich stärker darauf zurückgreifen.
Was Huber nur indirekt anspricht, davor warnen Autoexperten bereits seit einiger Zeit: 2010 dürfte ein massiver Absatzeinbruch auf die Industrie zukommen, die Zahl der Neuzulassungen könnte um bis zu eine Million Fahrzeuge schrumpfen. Dann würde der Absatz auf rund 2,8 Millionen Autos sinken - und das würde nicht nur die Autohersteller treffen: "Wir können im Handel bis zu 6500 Betriebe verlieren", sagte Wolfgang Meinig vom Forschungsinstitut Automobilwirtschaft im ARD-Morgenmagazin. Das wären rund 90.000 Arbeitsplätze.
"Preisstruktur nachhaltig geschädigt"
Dazu kommt: Das Auslaufen der deutschen Umweltprämie wird eine regelrechte Rabattflut auslösen. Der Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer von der Universität Duisburg-Essen legte jetzt eine Studie vor, wonach die Rabatte beim Autokauf "ausgesprochen hoch" bleiben dürften. "Der Abwrackspuk hat im deutschen Automarkt die Preisstruktur nachhaltig geschädigt", kritisierte Dudenhöffer. Es werde sehr schwer werden, "dem deutschen Autokäufer zu sagen, dass ein neuer Golf 'nur' mit 30 Prozent Rabatt oder gar 20 Prozent Rabatt gekauft werden kann".
Im August seien 68 Modelle mit Rabatten zwischen 30 und 40 Prozent einschließlich Abwrackprämie angeboten worden, heißt es in der Studie von Dudenhöffer weiter. "Darunter etwa der neue VW Golf, der neue Ford Fiesta und Ford Ka, der Smart ForTwo - also keineswegs Auslaufmodelle, sondern neue Modelle deutscher Autobauer." 112 Modelle seien mit Rabatten zwischen 20 und 30 Prozent angeboten worden, berichtete der Autoexperte weiter.
Die im Zuge des Konjunkturpakets II beschlossene sogenannte Umweltprämie hatte ein Volumen von fünf Milliarden Euro. Mit dieser Summe konnten knapp zwei Millionen Anträge finanziert werden. Die Bundesregierung hatte mehrfach deutlich gemacht, dass es weder eine Verlängerung der Prämie noch einen Ersatz geben solle. "Weitere Prämien können dann nicht mehr gewährt werden", schreibt das Bundesamt auf seiner Internetseite.
Auch im Ausland fand die Abwrack- oder Umweltprämie Nachahmer. Der schwer gebeutelte amerikanische Automarkt profitierte im August von der US-Abwrackprämie. Insgesamt wuchs der Markt laut Experten auf mehr als 1,26 Millionen Autos - ein Prozent mehr als vor einem Jahr. Es sei das erste Plus im Jahresvergleich seit Herbst 2007. Allerdings kam die Prämie wie in Deutschland vor allem Herstellern kleinerer Autos zugute. In den USA ist die Prämie vor gut einer Woche ausgelaufen.
In Japan fordert der weltgrößte Autobauer Toyota gar eine zweijährige Verlängerung der Abwrackprämie. Der Konzern wolle die neue Regierung auffordern, die Hilfen bis März 2012 zu gewähren, sagte ein Toyota-Manager am Mittwoch. Auch Steuervorteile sollten bis zu diesem Zeitpunkt gelten. Toyota sei besorgt, die neugewählte Regierung der Demokratischen Partei werde das Programm zügig beenden, sagte der Manager, der ungenannt bleiben wollte.