Autobiografie Maschmeyer-Memoiren werden Alptraum für AWD

Der Finanzkonzern AWD fürchtet sich vor der Autobiografie seines Gründers Carsten Maschmeyer: Dessen zweifelhaftes Image droht das Unternehmen erneut zu belasten - dabei hatte man sich gerade von "Maschi" losgesagt.
Von Christoph Schwennicke
Carsten Maschmeyer mit Lebensgefährtin Ferres: Vom Drückerkönig zur Boulevardgröße

Carsten Maschmeyer mit Lebensgefährtin Ferres: Vom Drückerkönig zur Boulevardgröße

Foto: dapd

Der entschlossene Blick, ein schwarzer Rollkragenpullover: Als Steve Jobs von der Leine verkauft sich Carsten Maschmeyer auf dem Cover seiner Autobiografie. "Selfmade - erfolgreich leben" lautet ganz ohne falsche Bescheidenheit der Titel.

Aus einfachen Verhältnissen stammend, sei Maschmeyer "heute ein unabhängiger und wohlhabender Mann, der seine Träume und Visionen leben kann", heißt es im Klappentext. Eindrucksvoll beschreibe er, wie man Schritt für Schritt zum Erfolg komme, "sei es finanziell, beruflich oder privat".

Aber es ist wie so oft bei Maschmeyer, Eigen- und Fremdwahrnehmung klaffen auseinander. Als "Lügenbaron" und "Heißluftballon" wird Maschmeyer beschimpft, die Worte stehen als Leserkommentare auf der Amazon-Seite seiner Biografie.

Der Ex-Drückerkönig ist eine Reizfigur wie kaum ein anderer. Er wurde reich mit seinem Finanzdienstleister AWD, aber seit er seine Anteile an der Firma für mehrere hundert Millionen Euro an den Schweizer Konzern Swiss Life verkauft hat, leiden auch die neuen Herren unter dem miesen Image des Firmengründers. So blickt man in der AWD-Zentrale in Hannover bang auf den 19. März. An diesem Tag werden die Memoiren von Maschmeyer mit einer Startauflage von 20.000 an die Buchhandlungen ausgeliefert.

Schon seit geraumer Zeit versucht AWD nämlich, sich vom unseriösen Ruch des Gründers zu befreien. "Wir haben uns abgenabelt", sagte der neue AWD-Deutschlandchef Götz Wenker erst jüngst in einem Interview mit der "Hannoverschen Allgemeinen". Maschmeyer? "Die Ära ist vorbei."

Aber zu Wenkers Verdruss vergeht kaum ein Tag ohne Maschmeyer-Schlagzeilen, und die sind selten erfreulich. Mit den Fotos in den bunten Blättern könnte Wenker zur Not noch leben; seit Maschmeyer mit Veronica Ferres liiert ist, gehört er zum Inventar der deutschen Boulevardpresse. Aber dann schickte Maschmeyer seine Rechtsanwälte los, als der NDR vor einem Jahr den Film "Der Drückerkönig und die Politik" sendete, in dem es um Maschmeyers dubiose Geschäftspraktiken ging.

"Keine Sorge - um den AWD geht es nur zu einem kleinen Teil"

In der AWD-Zentrale schlugen die Manager die Hände über dem Kopf zusammen. Eine bessere PR-Kampagne hätte sich der Filmemacher Christoph Lütgert nicht wünschen können. Und schließlich kam auch noch Christian Wulff in Bedrängnis, weil er nichts Besseres zu tun hatte, als den ersten Urlaub nach seiner Wahl zum Bundespräsidenten in Maschmeyers Villa auf Mallorca zu verbringen.

Mit dem Rücktritt des Bundespräsidenten schien erst einmal Ruhe einzukehren, aber nun wird Maschmeyer durch die Talkshows tingeln und seine Memoiren bewerben - ein Alptraum für die neuen AWD-Chefs. Zur Beruhigung ließ Maschmeyer mittlerweile einen Brief an den AWD schicken. Die Neugierde auf das Buch scheine groß zu sein, heißt es dort - aber keine Sorge, um den AWD gehe es "nur zu einem kleinen Teil". Die entsprechenden Passagen seien der Firma vorab zur Verfügung gestellt worden.

Beim AWD jedoch beruhigte der Brief die Gemüter keineswegs, im Gegenteil. Denn in ihm ist auch davon die Rede, dass Maschmeyer seit einem Jahr "medienmäßig" kaum in Erscheinung getreten sei. Dies wiederum hätten "Konkurrenten, geschäftssüchtige Anwälte und Neider" ausgenutzt.

Die anstehenden Auftritte Maschmeyers böten nun "die Möglichkeit der Richtigstellung von falschen Unterstellungen. Die dadurch mögliche Imageverbesserung haben Sie und alle Ihre Mitarbeiter verdient", lässt der Buchautor ausrichten.

Maschmeyer ist Persona non grata auf dem AWD-Firmengelände

Auf die "Imageverbesserung" durch Maschmeyer allerdings würden die neuen Herren von AWD gerne verzichten. Intern soll AWD-Sprecher Béla Anda lauthals über das Beruhigungsschreiben Maschmeyers geschimpft haben. Offiziell erklärt der ehemalige Sprecher des SPD-Kanzlers Gerhard Schröder das Buch zu Maschmeyers Privatsache: "Wir geben dazu keine Kommentare ab." Allerdings, fügt Anda spitz hinzu, wäre er dazu gar nicht in der Lage. Schließlich kenne er das Buch nur zu einem kleinen Teil, "99 Prozent" halte Maschmeyer noch unter Verschluss.

Kein Zweifel: Es ist kühl geworden zwischen dem AWD und seinem brachialen Gründer. Der ist inzwischen Persona non grata auf dem Firmengelände in Hannover, Maschmeyer gilt vielen AWD-Managern inzwischen als größte Hypothek des Unternehmens.

Maschmeyer kümmert das nicht. Vor ein paar Tagen tauchte er persönlich in der AWD-Zentrale auf, er wollte Wut ablassen bei seinem ehemaligen Kompagnon Götz Wenker. Wie er dazu komme, sich öffentlich von ihm zu distanzieren, wollte Maschmeyer wissen.

Öffentlich allerdings möchte sich Maschmeyer nicht zu dem Streit mit der Firma äußern, die er einst aus der Taufe hob. Noch schweigt er. Aber der nächste Fernsehauftritt kommt bestimmt.

AWD-Sprecher Béla Anda bezeichnete am Mittwochnachmittag die Feststellung, dass Carsten Maschmeyer beim AWD persona non grata sei, als "Mutmaßungen".

Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren