Finanzaufsicht Linde muss büßen

Die BaFin brummt dem Münchner Gasehersteller ein Bußgeld wegen Missachtung von Veröffentlichungspflichten auf. Es ist ein später Fußtritt gegen Aufsichtsratschef Wolfgang Reitzle und sein Gebaren rund um die Praxair-Fusion.
Hauptsitz von Linde in München: Verdächtiges Interview

Hauptsitz von Linde in München: Verdächtiges Interview

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Peter Kneffel/ DPA

Die Fusion mit dem amerikanischen Konzern Praxair hat für den deutschen Traditionskonzern Linde ein peinliches Nachspiel. Im Herbst 2016 hatten die beiden Gasespezialisten einen ersten Anlauf für einen Zusammenschluss genommen, die Gespräche scheiterten jedoch Mitte September. Wenige Tage nach dem Platzen der Verhandlungen, am 13.9.2016, teilte Linde in zwei Ad-hoc-Meldungen zwischen 16.44 und 17.05 Uhr mit, dass der damalige Vorstandschef Wolfgang Büchele und sein Finanzchef Linde verlassen würden.

Aufsichtsratschef Wolfgang Reitzle hatte sich am nächsten Tag im "Handelsblatt" zu den Hintergründen des Rauswurfs geäußert. Die BaFin hegte den Verdacht, dass dieses Interview bereits vor der Veröffentlichung der beiden Personalmeldungen geführt worden war, der Rauswurf also bereits einige Stunden früher feststand. Nun hat sie diesen Vorgang als Verstoß gegen Veröffentlichungspflichten gewertet, weil Unternehmen wichtige und für den Kapitalmarkt relevante Informationen unmittelbar einer breiten Öffentlichkeit bekannt machen müssen. Die Linde GmbH, Rechtsnachfolgerin der börsennotierten Linde AG, muss wegen des Ad-hoc-Verstoßes ein Bußgeld in Höhe von 1,275 Millionen Euro zahlen, wie einer Mitteilung der BaFin auf ihrer Homepage zu entnehmen ist.

Unter Bücheles Nachfolger Aldo Belloni nahmen Linde und Praxair die Fusionsgespräche wieder auf, im Sommer 2017 stimmte der Aufsichtsrat von Linde dem Zusammenschluss zu. Interne Kritiker und vor allem Arbeitnehmervertreter hatten sich lange gegen den Deal gewehrt, weil sie einen Ausverkauf an die Amerikaner fürchteten. Sie warfen Reitzle vor, er habe aus persönlichen Interessen gehandelt, was er stets zurückwies. Reitzle ist Verwaltungsratschef des fusionierten Konzerns, der seinen juristischen Sitz aus steuerlichen Gründen in Dublin hat und heute faktisch aus den USA heraus geführt wird.

Die BaFin hatte in einem zweiten Verfahrensstrang auch wegen möglichem Insiderhandel ermittelt und wegen des Verdachts, Linde hätte die Fusionsgespräche mit Praxair zu spät publik gemacht. Die Aufsicht sah Anhaltspunkte dafür, dass Reitzle, der sich im Juni 2016 mit Linde-Aktien im Wert von rund 500.000 Euro eingedeckt hatte, zu diesem Zeitpunkt bereits von konkreten Plänen für eine Fusion mit Praxair wusste. Erst Wochen später wurden diese Pläne publik. Die Staatsanwaltschaft München sah jedoch, anders als die BaFin, keinen Anfangsverdacht und nahm kein Ermittlungsverfahren auf.

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