Modernisierung von Bahnhöfen und Schienennetz Bahn investiert Milliarden – und bereitet Kunden auf Verspätungen vor

Die gute Nachricht: Die Bahn gibt 13,6 Milliarden Euro für Tausende neue Mitarbeiter und für Modernisierung aus. Die schlechte Nachricht: Noch mehr Baustellen dürften für Verspätungen sorgen.
Bauarbeiter an Bahnstrecke

Bauarbeiter an Bahnstrecke

Foto: Volker Emersleben / Deutsche Bahn

Mit einer Rekordsumme will die Deutsche Bahn den Ausbau und die Instandhaltung ihres Schienennetzes vorantreiben. In diesem Jahr sollen insgesamt 13,6 Milliarden Euro von Bahn, Bund und Ländern in die Schieneninfrastruktur fließen – rund 900 Millionen Euro mehr als im Vorjahr, kündigte der Konzern an. Tausende neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sollen eingestellt werden.

Modernisiert werden sollen nach Angaben des Konzerns rund 1800 Kilometer Gleise, 2000 Weichen, 140 Brücken und 800 Bahnhöfe. »Wir bauen so viel wie noch nie«, sagte Infrastrukturvorstand Ronald Pofalla. »Dafür stellen wir allein in diesem Jahr 4800 zusätzliche Ingenieurinnen und Ingenieure sowie Fachkräfte für Ausbau und Instandhaltung ein.«

»Höhere Investitionen bedeuten auch mehr Bauvolumen in unserem Netz«, sagte Pofalla. Übersetzt: Kunden müssen sich auf Behinderungen und Verspätungen einstellen.

Im vergangenen Jahr hatten unter anderem die zahlreichen Baustellen die Pünktlichkeitsquote im Fernverkehr auf lediglich 75 Prozent gedrückt. Zwar beteuert Pofalla, man wolle kundenfreundlich bauen und dabei die Kapazitäten schonen, so Pofalla. Dennoch dürfte es auch in diesem Jahr durch das hohe Bauaufkommen zu Einschränkungen kommen. Pofalla kündigte an, die »Zusammenarbeit mit der Bauindustrie weiter intensivieren und Bauarbeiten noch schneller und zuverlässiger umsetzen« zu wollen.

Nach Angaben der Bahn hat die »Investitionsoffensive« zwei große Schwerpunkte: Digitalisierungsprojekte wie etwa die Umstellung auf das Leit- und Sicherungssystem ETCS (European Train Control System) und zudem »mehr Platz auf der Schiene« durch den Aus- und Neubau wichtiger Infrastrukturprojekte wie etwa die Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen Wendlingen und Ulm. Diese ist laut Pofalla »ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Inbetriebnahme von Stuttgart 21«.

Mit der neuen Strecke soll sich die Fahrzeit zwischen Stuttgart und Ulm um eine Viertelstunde verkürzen. Weitere Projekte sind unter anderem der viergleisige Ausbau auf der Strecke Karlsruhe-Basel sowie ein Tunnelbau auf der Stammstrecke in München. Außerdem steht die Modernisierung zahlreicher Bahnhöfe an, darunter die Hauptbahnhöfe in Dortmund, Dresden, Frankfurt und Hannover.

Außerdem will die Bahn auch auf kleinere Maßnahmen setzen, um das Schienennetz weniger störanfällig zu machen. So soll etwa der Einbau zusätzlicher Weichen und der Einsatz von Hilfsbrücken dafür sorgen, »dass auch bei Bauarbeiten der Zugverkehr verlässlich rollt«, teilte das Unternehmen mit.

Verkehrsbündnis will noch mehr Investitionen

Bis 2030 soll sich die Verkehrsleistung auf der Schiene nach dem Willen der Bundesregierung verdoppeln. Verbände und Wettbewerber fordern schon lange mehr Tempo beim Ausbau der Infrastruktur. Bahn-Chef Richard Lutz bezifferte den Investitionsrückstau auf der Schiene kürzlich auf knapp 60 Milliarden Euro.

Der Branchenverband Allianz pro Schiene hält die diesjährige Investitionssumme in den Bestand der Infrastruktur nicht für ausreichend, um diesen Rückstau aufzuholen. »Vor dem Hintergrund der stark steigenden Baupreise erweist sich die Rekordzahl als Stagnation im Vergleich zum Vorjahr«, teilte Verbandsgeschäftsführer Dirk Flege auf Anfrage mit. »Nötig ist aber ein realer Aufwuchs der Investitionen in die Schieneninfrastruktur. Deutschland investiert im internationalen Vergleich nach wie vor viel zu wenig ins Bahnnetz.«

mmq/dpa/AFP
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