Baumarktkette TÜV wirft Obi Täuschungsmanöver mit Gütesiegeln vor

Kettensägen, Häcksler, Elektrogrills - nach SPIEGEL-Informationen soll die Baumarktkette Obi ihre Kunden mit missbräuchlich verwendeten Prüfzeichen über die Sicherheit der Geräte täuschen. Das will der TÜV Rheinland festgestellt haben. Der Konzern widerspricht.
Obi-Baumarkt: "Ware wird mit neuem Etikett (Ohne GS) weiterverkauft"

Obi-Baumarkt: "Ware wird mit neuem Etikett (Ohne GS) weiterverkauft"

Foto: DPA

Hamburg - Der TÜV Rheinland wirft der Baumarktkette Obi "Prüfzeichenmissbrauch" vor. Seit 2009, so der Technische Überwachungsverein, habe das Unternehmen 23 Produkte zu Unrecht mit dem GS-Siegel beklebt - es steht für "Geprüfte Sicherheit" und gilt als führendes Qualitätssignet in Europa.

Trotz Unterlassungsgesuchen vertreibe Obi die Waren "weiter unzulässig mit dem GS-Zeichen des TÜV Rheinland". Es ginge dabei um sicherheitstechnisch heikles Gerät aus dem Arsenal des deutschen Hobbygärtners und Heimwerkers: Häcksler, Kettensägen, Vertikutierer und Elektrogrills der preisgünstigen Obi-Eigenmarken Lux und Euromate, mit denen die Baumärkte ihre Kunden seit Jahren getäuscht hätten.

Die Juristen der zum Imperium der Familie Haub (Tengelmann, Kik) gehörenden Handelskette weisen den Vorwurf des TÜV zurück: Wenn etwa der asiatische Hersteller des Werkzeugs ein Hauptzertifikat für die Verwendung eines GS-Zeichens besitze, brauche ein hiesiger Vertreiber wie beispielsweise Euromate keine Co-Lizenz mehr.

Abwegige Auslegung

Johann Huber, Chef der Zentralstelle der Bundesländer für Sicherheitstechnik, hält diese Auslegung für abwegig: "Wer auf dem Typenschild oder der Verpackung steht", betont der Oberaufseher, "muss Inhaber des Zertifikats sein."

Um ein Zertifikat zu erhalten, muss das Produkt von unabhängigen Prüfern wie denen des TÜV begutachtet werden. Besteht die Ware die Tests, darf sie mit dem Gütesiegel gegen Gebühr versehen werden.

Übermäßig kritisch scheinen die Sachverständigen allerdings nicht zu sein. Kunden wie Obi mit seinen 560 Märkten verliert niemand gern: So ließ sich der TÜV Rheinland bei weiteren 80 Obi-Produkten auf Nachzertifizierungen ein, ohne den Missbrauch zu bestrafen.

Ein Besprechungsprotokoll zwischen TÜV- und Obi-Managern aus dem Frühjahr 2009 zeigt, wie wenig die Gutachter im Zweifel durchgreifen: 26-mal 25.000 Euro Vertragsstrafe waren bis dahin errechnet worden, bezahlt hat Obi (Jahresumsatz knapp sechs Milliarden Euro) keinen Cent. Im Zweifelsfall, lässt die Handelskette wissen, werde "immer im Interesse der Kundenzufriedenheit und Sicherheit entschieden".

Bei einigen Geräten mit Gefährdungspotential verzichteten die Obi-Manager jedoch offenkundig auf eine Zertifizierung. In internen Vorlagen heißt es: "Ware wird mit neuem Etikett (Ohne GS) weiterverkauft."

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