BayernLB-Prozess Keine Gerechtigkeit für die Landesbanker

Deutschlands oberster Bankenlobbyist ist vom Haken. Michael Kemmer muss nicht für seine Rolle als BayernLB-Vorstand beim desaströsen Kauf der österreichischen Hypo Alpe Adria büßen. Den Steuerzahlern bleibt ein milliardenschwerer Schaden.
Vor Gericht in München: Werner Schmidt (r) und Michael Kemmer

Vor Gericht in München: Werner Schmidt (r) und Michael Kemmer

Foto: Sven Hoppe/ dpa

Als typisch für das Versagen deutscher Banker in der Finanzkrise kann der Fall Hypo Alpe Adria wohl nicht gelten. Wohl aber als besonders krasses Beispiel. Die kleine österreichische Landesbank, Mitte 2007 von der BayernLB gekauft, entpuppte sich schon wenig später als Milliardengrab.

Mindestens 3,7 Milliarden Euro hat die BayernLB damit zulasten der bayerischen Steuerzahler verloren. Über einen offenen Kredit von weiteren mehr als zwei Milliarden steht noch eine Einigung mit den Österreichern aus. Und der Schaden wäre noch größer, hätten die Bayern die Bank nicht trickreich und schnell an die Alpenrepublik weitergereicht. Dagegen verblasst selbst das Debakel der BayernLB mit der Formel 1.

Ein österreichischer Ermittler spricht vom "größten Kriminalfall Europas". Mit der Hypo Alpe Adria kauften die Bayern ein Spielzeug des damaligen rechten Kärntner Landeshauptmanns Jörg Haider, komplett mit faulen Krediten für regionale Airlines, Schlösser am Wörthersee oder kroatische Generäle. Da verschwanden Luxusjachten in der Adria, da bereicherten sich prominente Investoren aus dem Alpenraum am Einstieg der Münchener. Eine Liechtensteiner Tochterbank vertickte Schrottaktien per Spam-Mails und schon vor dem Deal war die Hypo Alpe Adria aktenkundig für Fehlspekulation und Bilanzfälschung.

Es geht nur noch um den Nebenschauplatz des Nebenschauplatzes

Dass die Bayern ihr Geld wiedersehen, ist nahezu ausgeschlossen. Dafür hätten wohl nicht wenige Bürger wenigstens einen Schuldigen erwartet, rechtskräftig verurteilt im Sinne der Gerechtigkeit. Das Münchener Landgericht, ohnehin prozessunwillig, vermochte bei vier der sechs angeklagten ehemaligen BayernLB-Vorstände jedoch keinen Vorsatz zur Untreue erkennen. Bedeutung hat das Urteil vor allem, weil Ex-Vorstand Michael Kemmer weiter unbescholten seinen heutigen Job als Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands deutscher Banken ausüben darf.

Sein Vorgänger als BayernLB-Chef, Werner Schmidt, und dessen Vize Rudolf Hanisch müssen sich zwar weiter vor Gericht verantworten. Doch es geht nur noch um Fußballsponsoring in Kärnten als Teil des Hypo-Alpe-Adria-Deals - ein Nebenschauplatz des Nebenschauplatzes.

Das eigentliche Vergehen, nämlich die gewaltige Fehlspekulation der Müncher auf dem Rücken der Steuerzahler, ist einfach nicht justiziabel. Und fürs strafrechtlich Relevante in den Details fehlen die Belege. So wiederholt sich, wie schon bei der HSH Nordbank und anderen Fällen, das Versagen des Justizapparats bei der Suche nach Gerechtigkeit. Für die Aufarbeitung solcher wirtschaftlicher Schäden, so gewaltig sie auch sein mögen, sind die Gesetze schlicht nicht gemacht.

Der Kauf der Hypo Alpe Adria war ein eklatanter Fehler, zumal zum vereinbarten Preis und in der Eile. Verantworten müssten ihn neben den beteiligten Managern auch die Politiker, die den Kurs vorgaben: Nachdem Landesbanken wie die BayernLB auf Geheiß der EU ihre besondere Rolle als Förderbanken einbüßten, ließen Landesfürsten wie Edmund Stoiber stattdessen damit das große Rad am Finanzmarkt drehen - mit absehbaren Folgen.

Ein Untersuchungsausschuss des Landtags hätte dies vor Jahren feststellen können. Stattdessen hat er die Verantwortung auf die Bankvorstände abgewälzt - die nun nahezu ungeschoren davonkommen.

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