Belebung am Arbeitsmarkt Ökonomen bejubeln deutsches Job-Wunder

Es war die schwerste Rezession in der Geschichte der Bundesrepublik - doch der Arbeitsmarkt bleibt stabil. Im März ist die Zahl der Erwerbslosen sogar spürbar gesunken, die Quote liegt nur noch bei 8,5 Prozent. Ökonomen sind verblüfft: "Alle Prognostiker waren zu pessimistisch".
Pipeline-Bau in Mecklenburg-Vorpommern: Gerade im Osten sinkt die Zahl der Arbeitslosen

Pipeline-Bau in Mecklenburg-Vorpommern: Gerade im Osten sinkt die Zahl der Arbeitslosen

Foto: DDP

Hamburg - Die Zahlen der Bundesagentur für Arbeit sind für Ökonomen eine Riesenüberraschung: Im März waren deutschlandweit 3,568 Millionen Arbeitslose registriert. Das sind 75.000 weniger als im Februar und 18.000 weniger als vor einem Jahr. Damit ist die Zahl der Erwerbslosen erstmals seit einem Jahr wieder gesunken, die Quote beträgt nur noch 8,5 Prozent.

Bei vielen Beobachtern macht sich jetzt Optimismus breit. So wollen die Volkswirte der WestLB ihre Arbeitsmarktprognose für Deutschland revidieren: Bislang rechneten sie für das Gesamtjahr 2010 mit durchschnittlich knapp vier Millionen Arbeitslosen - nun gehen sie nur noch von knapp 3,6 Millionen aus.

Auch die Experten der NordLB jubeln: "Nie waren die Aussichten besser, dass es der Arbeitsmarkt ohne größere Blessuren durch die Krise schafft", heißt es in einer am Mittwoch veröffentlichten Studie. Die Arbeitsmarktdaten seien insgesamt eine positive Überraschung.

Weniger junge, mehr alte Arbeitslose

Bei der Postbank heißt es, der Arbeitsmarkt zeige sich robust. Andreas Scheuerle von der DekaBank spricht gar von einem "kleinen Wunder". In den vergangenen Monaten seien "alle Prognostiker zu pessimistisch" gewesen. Nun seien sogar positive Auswirkungen auf die Güterwirtschaft zu erwarten: Die aktuellen Arbeitsmarktdaten dürften den Konsum psychologisch stützen.

Arbeitsagentur-Chef Frank-Jürgen Weise warnt aber auch vor zu viel Euphorie: "Wir sehen keine Trendwende am Arbeitsmarkt. Wir sehen, dass die Entwicklung einen Tick besser ist als erwartet." Auch Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hält die Krise noch nicht für überwunden. Die guten Zahlen signalisierten zwar eine zunehmende Dynamik am Arbeitsmarkt. "Man darf aber nicht übermütig werden. Wir sind in einer Schwebesituation."

Bemerkenswert: Der Arbeitsmarkt in Ost und West nähert sich immer stärker an. Zwar liegt die Erwerbslosenquote im Osten mit 13,5 Prozent deutlich über dem Westwert von 7,2 Prozent. Allerdings hat sich die Zahl der Arbeitslosen in den neuen Ländern im Vergleich zum Vorjahresmonat um 5,5 Prozent verringert - in den alten Ländern ist sie um 2,1 Prozent gestiegen.

Große Unterschiede gibt es je nach Alter. Deutschlandweit ist die Zahl der Arbeitslosen unter 25 Jahren deutlich gesunken - um 6,3 Prozent auf 373.000. Die Zahl der Arbeitslosen über 55 Jahren hat sich dagegen um 8,9 Prozent auf 552.00 erhöht.

In den Niederlanden liegt die Quote nur bei 4,0 Prozent

Deutlich schlechtere Zahlen als aus Deutschland meldete am Mittwoch die europäische Statistikbehörde Eurostat. Ihren Angaben zufolge ist die Arbeitslosenquote in der Euro-Zone auf den höchsten Stand seit fast zwölf Jahren gestiegen. Allerdings beziehen sich die Daten noch auf den Februar. Demnach ist die Quote von 9,9 Prozent im Januar auf nun 10,0 Prozent geklettert. Dies ist die höchste Quote seit August 1998.

Auch in den 27 Ländern der gesamten EU erreichte die Arbeitslosigkeit mit 9,6 Prozent einen Höchststand seit Beginn der Statistik Anfang 2000. Nach Angaben von Eurostat waren im Februar in der Europäischen Union 23,02 Millionen Männer und Frauen ohne Job, davon 15,8 Millionen im Euro-Raum. Am stärksten sind Spanien mit einer Quote von 19,0 Prozent und Lettland mit 21,7 Prozent betroffen. Am besten stehen die Niederlande mit 4,0 Prozent und Österreich mit 5,0 Prozent da.

Die von Eurostat ermittelten Werte können wegen unterschiedlicher Berechnungsmethoden von den Zahlen abweichen, die in den einzelnen Mitgliedstaaten veröffentlicht werden. Die Angaben zu den Ländern sind nach Ansicht von Fachleuten aber untereinander vergleichbar.

wal/dpa/Reuters/apn
Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren