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Bernie Ecclestone: Formel-1-Fürst unter Druck

Foto: Matthias Schrader/ AP/dpa

Prozess gegen Formel-1-Chef Ecclestones schwerstes Rennen

In München steht ab diesem Donnerstag einer der mächtigsten Sport-Manager vor Gericht: Formel-1-Chef Bernie Ecclestone zahlte Millionen an einen früheren BayernLB-Vorstand. Die Anklage wirft ihm Bestechung vor. Ecclestone spricht von Erpressung.

Hamburg - "Eine meiner Maximen ist, dass es niemanden etwas angeht, woher ich meinen Besitz habe", sagte Bernie Ecclestone einmal. Doch von Donnerstag an wird sich der Formel-1-Boss einige Fragen dazu gefallen lassen müssen, was er mit seinem Vermögen so treibt. Dann steht der 83-Jährige in München vor Gericht. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm Bestechung und Anstiftung zur Untreue in einem besonders schweren Fall vor. Ecclestone drohen im Falle einer Verurteilung bis zu zehn Jahre Haft.

Der Fall, um den es geht, liegt acht Jahre zurück. Damals zahlte Ecclestone dem früheren BayernLB-Vorstand Gerhard Gribkowsky über Briefkastenfirmen rund 44 Millionen Dollar. Dass die Millionen flossen, haben sowohl Ecclestone als auch der bereits verurteilte Gribkowsky bestätigt. Doch beide präsentieren unterschiedliche Versionen, warum der Formel-1-Manager zahlte.

Gribkowsky erklärte 2012 in einem Prozess, er habe die Millionen getarnt als Beratungsleistungen von Ecclestone erhalten, weil er zuvor den Verkauf der Formel-1-Anteile der Landesbank an den Investor CVC Capital eingefädelt hatte, der Ecclestones Machtstellung im Rennsportgeschäft nicht antastete. Der frühere Staatsbanker wurde zu achteinhalb Jahren Haft verurteilt und soll im Mai als wichtigster Zeuge gegen Ecclestone aussagen.

Der Formel-1-Boss wiederum war 2011 als Zeuge im Prozess gegen Gribkowsky erschienen - und hatte eine andere Erklärung für die Zahlungen an den Banker parat. Er habe sich von ihm erpresst gefühlt, sagte Ecclestone damals. Er habe befürchtet, dass Gribkowsky ihm die britischen Steuerbehörden auf den Hals hetzen würde. Ein Vermögen von zwei Milliarden Pfund sei in Gefahr gewesen. Dabei sei es um Steuerfragen rund um die Stiftung seiner Ex-Frau gegangen, der Bambino-Holding, die Anteile an der Formel 1 hielt.

Um sich Ärger zu ersparen, habe er Gribkowsky vorsorglich Geld gezahlt, sagte Ecclestone damals. "Mir war daran gelegen, ihn ruhig, friedlich und freundlich zu halten, damit er nicht auf dumme Gedanken kommt."

Der Banker aus Bayern wurde gefährlich

Der sonst so listige Rennsportmogul zahlte aus Angst vor einem bayerischen Landesbanker vorsorglich Millionen? Die Münchner Staatsanwaltschaft glaubt diese Version nicht.

Auf 23 Seiten beschreibt sie in ihrer Anklageschrift, wie Ecclestone sich über Jahre hinweg durch komplizierte Firmenstrukturen die Macht und Millionen in der Formel 1 sicherte. Vertragsabschlüsse habe er als seine persönliche Angelegenheit und als Geschäftsgeheimnisse betrachtet. Doch dann wurde BayernLB-Vorstand Gribkowsky laut Staatsanwaltschaft zur Gefahr. Nach der Pleite des Medienkonzerns von Leo Kirch waren Formel-1-Anteile an die BayernLB gegangen. Der zuständige Vorstand Gribkowsky wollte Einblick in die Geschäftsstrukturen der Rennserie bekommen, auch um auszuloten, was die Beteiligung daran überhaupt wert war.

Und der Banker erwies sich als zäher Gegner. Er klagte in London, um mehr Kontrolle und Mitbestimmung für die BayernLB herauszuholen - und hatte dabei auch Erfolg. Gribkowsky habe Ecclestone auch unter Druck gesetzt, indem er ihn mit Anspielungen auf dessen Steuerfragen nervte, räumt die Anklageschrift ein. Doch eine echte Bedrängnis sei das für Ecclestone nicht gewesen, der Banker habe keine Beweise gehabt. Ecclestone habe sich in erster Linie um seine Macht in der Formel 1 gesorgt. Deshalb - so legt es die Staatsanwaltschaft dar - beschloss Ecclestone, Gribkowsky auf seine Seite zu ziehen.

Ein besonders dreister Deal

Im Prozess gegen Gribkowsky beschrieb Ecclestone damals, wie leicht sich der zuvor noch so knallharte Bank-Manager von der Formel-1-Welt habe blenden lassen. "Er ist da nicht anders als viele Leute, die der Trubel der Formel 1 fasziniert. Er genoss den Lifestyle." Laut der Anklageschrift spielten sich zwischen Gribkowsky und Ecclestone filmreife Szenen ab, als sie die Millionenzahlungen vereinbarten. So habe der Rennsport-Manager den Banker 2006 am Rande eines Rennens in Bahrain mit den Worten "tell me a number" aufgefordert, er solle eine Summe nennen. Gribkowsky lieferte demnach eine Zahl: 50 Millionen Dollar.

Fast so viel bekam er dann auch - aber laut Staatsanwaltschaft zahlte Ecclestone nur einen kleinen Teil der Summe. Den Großteil brachte demnach letztendlich der Steuerzahler auf. Denn die Anklage schildert den Rennsportmanager als besonders dreist. Nicht nur, dass er die BayernLB dazu gebracht haben soll, ihre Formel-1-Anteile an den Investor zu verkaufen, den Ecclestone selbst ausgesucht hatte. Laut Staatsanwaltschaft setzte er auch noch durch, dass Gribkowsky für ihn eine Provisionszahlung bei der BayernLB durchsetzte. Demnach flossen 41 Millionen Dollar aus der Kasse der Landesbank an Ecclestone, damit dieser seine Ausgaben für Gribkowsky wieder drin hatte. Den Schaden aus dem Deal hatte also letztendlich die Landesbank. Ecclestone bestreitet, dass er den Deal mit CVC beeinflusst habe.

Ecclestone steht in München vor demselben Richter wie damals schon Gribkowsky. In seiner Urteilsbegründung gegen den Banker sagte Richter Peter Noll damals, Ecclestone sei die treibende Kraft gewesen und habe Gribkowsky mit "Charme und Raffinesse ins Verbrechen" geführt.

Ecclestone will sich endlich wieder auf den Job konzentrieren

Ecclestone gibt sich dennoch eher genervt als besorgt vor dem anstehenden Prozess, der zunächst bis Mitte September angesetzt ist. "Das Ganze ist doch nur ein sehr, sehr kleiner Teil meines Lebens, es sollte eigentlich keine Rolle spielen. Aber im Moment kostet es mich viel Zeit", sagte der 83-Jährige kürzlich in einem ARD-Interview. Seine Verteidiger wollen nach SPIEGEL-Informationen Gribkowskys Glaubwürdigkeit erschüttern und während des Prozesses offenbar Zeugen benennen, die Ecclestones Version belegen sollen.

In der Formel 1 macht man sich bereits Gedanken über die Zeit nach dem Alleinherrscher. "Nach Ecclestone wird es, vermute ich, ein Management-Team mit unterschiedlichen Kompetenzen geben. Das wird ein ganz normales Management-Board sein wie in jedem anderen Großunternehmen", sagte Mercedes-Motorsport-Teamchef Toto Wolff "Handelsblatt Live".

Doch Ecclestone denkt offenbar gar nicht an einen Rückzug aus der Formel 1. "Ich hoffe, dieser Prozess wird das alles klarstellen, dass ich dann endlich mit meinem Job weitermachen kann", sagte er kürzlich. Und wenn er doch verurteilt wird und ins Gefängnis muss? Dazu sagte Ecclestone: "Ich glaube nicht, dass es mir dort gefällt. Aber irgendwie muss man mit allem klarkommen."

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