Biosprit-Einführung Aigner und ADAC geben Konzernen Schuld an E10-Chaos

Dortmund/Berlin - Im Streit um die Einführung des Biokraftstoffs E10 wirft Bundesverbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) der Wirtschaft gravierende Versäumnisse vor. "Es kann nicht sein, dass die Autofahrer jetzt am Ende die Rechnung dafür bezahlen sollen, dass sich einzelne Konzerne aus der Verantwortung stehlen", sagte Aigner der "Rheinischen Post". "Die Einführung von E10 darf nicht dazu genutzt werden, die Preise für Kraftstoff bewusst in die Höhe zu treiben."
E10 enthält entsprechend einer EU-Richtlinie bis zu zehn Prozent Bioethanol aus nachwachsenden Rohstoffen. Zuvor wurden nur fünf Prozent Biosprit ins Benzin gemischt. Weil verunsicherte Autofahrer trotz der höheren Preise lieber Super Plus als E10 tanken, gibt es derzeit ein Überangebot des Biokraftstoffs und Engpässe bei Super Plus. Der Mineralölwirtschaftsverband hatte daher am Donnerstag angekündigt, vorerst keine weiteren Raffinerien auf die Produktion des neuen Treibstoffs umzustellen.
Die Schuld für das Chaos bei der Einführung des Biosprits E10 sieht der ADAC vor allem bei der Mineralölwirtschaft. "Der Einführungsprozess von Super E10 verlief von Anfang an unglücklich. Dabei haben sich die Mineralölkonzerne wahrlich nicht mit Ruhm bekleckert", sagte ADAC-Präsident Peter Meyer den Dortmunder "Ruhr Nachrichten". Sie hätten es versäumt, die Autofahrer umfassend über die Qualitäten des neuen Kraftstoffs zu informieren. Aber auch die Automobilhersteller hätten ihre Kunden nur halbherzig informiert, ob ihr Fahrzeug E10 verträgt oder nicht.
Meyer betonte, der Automobilclub befürworte grundsätzlich die Umstellung auf Biosprit. Von dem für kommenden Dienstag geplanten "Benzingipfel" in Berlin erwarte er, dass die Teilnehmer einen Weg finden, das Vertrauen der Verbraucher in den neuen Kraftstoff zu gewinnen.
Der Vorsitzende des Verkehrsausschusses im Bundestag, Winfried Hermann (Grüne), hält hingegen die Bundesregierung für das Chaos bei der Einführung des neuen Kraftstoffs verantwortlich. Sie habe sich für den höheren Anteil von Ethanol stark gemacht, aber nichts für eine Umsetzung getan, sagte Hermann der "Rheinpfalz am Sonntag". Er kündigte an, das E10-Debakel zum Thema im Verkehrsausschuss des Bundestages zu machen. Den Autofahrern sei weitere Verunsicherung nicht länger zuzumuten. Hermann schlug ein Moratorium vor, um zu klären, welche Motoren bedenkenlos mit dem Kraftstoff fahren könnten.
Grünen-Bundestagsfraktionsvize Bärbel Höhn moniert, man hätte den jetzt geplanten Benzin-Gipfel "vor Start des Biosprits veranstalten müssen und nicht hinterher". Höhn sprach in der "Frankfurter Rundschau" von einer chaotischen Informationspolitik. Forderungen von Umweltverbänden nach einem generellen Stopp von Biosprit wies sie zurück. Solange die Energieversorgung noch am Öl hänge, sei dieser alternative Rohstoff sinnvoll. "Falsch ist die Politik der Bundesregierung, nicht Biosprit an sich", sagte sie.