Virtuelle Währung Bitcoin-Wert springt erstmals über 1000-Dollar-Marke

Die virtuelle Währung Bitcoin hat einen neuen Rekord erreicht - sie ist jetzt fast so viel wert wie eine Unze Gold. Allerdings hängt der Kurs stark davon ab, wer ihn misst. Selbst Bitcoin-Fans tun sich schwer, den tatsächlichen Preis des digitalen Geldes zu bestimmen.
Von Robin Sidel und Jörgen Camrath
Bitcoin-Symbolmünze: Wert steigt über 1000 Dollar

Bitcoin-Symbolmünze: Wert steigt über 1000 Dollar

Foto: AP/dpa

Die virtuelle Währung Bitcoin hat eine weitere Rekordmarke geknackt: An einem Handelsplatz, der Börse Mt. Gox in Tokio, stieg der Bitcoin-Kurs am Mittwoch zum ersten Mal über die Marke von 1000 US-Dollar und lag zeitweise sogar bei 1073 Dollar. Zum Vergleich: Gold   wird momentan bei etwa 1246 Dollar gehandelt.

Aber an der slowenischen Börse Bitstamp lag der Kurs nur bei 965 Dollar. Und der Coindesk-Index der beiden Handelsplätze Bitstamp und BTC-e aus Bulgarien wies sogar nur einen Kurs von knapp 950 Dollar aus.

Die Preisunterschiede zwischen den einzelnen Börsen zeigen, wie zerstreut der Bitcoin-Handel noch ist, sagen Beobachter. Schwankende Handelsvolumen und technische Probleme verursachen heftige Kursausschläge - und manchmal eben auch höchst ungleichmäßige Preise an den verschiedenen Handelsplätzen.

Dieses Muster könnte allmählich nachlassen. Der Index Coindesk etwa hat am Donnerstag begonnen, Preise von der Börse Mt. Gox mit in seine Anzeige aufzunehmen. Nach Ansicht von Profis, die Bitcoin-Kurse auswerten, wird ein umfassenderer Index dafür sorgen, dass der Wert der virtuellen Währung unverfälschter dargestellt wird.

Achterbahnfahrt der Bitcoin-Preise

Der Kurssprung von Bitcoin, der bekanntesten Währung in diesem boomenden Bereich des digitalen Geldes, markiert einen neuen Höhepunkt. In den vergangenen Monaten hat Bitcoin enorme Aufmerksamkeit von Risikokapitalgebern, Computerentwicklern und Händlern bekommen, die das Zahlungsmittel für eine Zukunftsalternative zu traditionellen Devisen halten.

Bitcoin, im Jahr 2009 aus der Taufe gehoben, wird von keiner Zentralbank unterstützt und entsteht mit Hilfe eines komplexen kryptografischen Verfahrens namens "Mining". Dabei lösen Computer mittels hochspezialisierter Hardware komplizierte Gleichungen. Derzeit sind rund zwölf Millionen Bitcoins im Umlauf.

Seit Anfang des Jahres befinden sich die Bitcoin-Preise auf einer regelrechten Achterbahnfahrt, sind aber in den vergangenen Wochen deutlich gestiegen. Auslöser der Rally ist zum einen eine wachsende Nachfrage aus China. Zum anderen gab es jüngst eine Reihe von Anhörungen im US-Parlament, bei denen führende Mitarbeiter aus Justiz und Verwaltung den möglichen Nutzen der virtuellen Zahlungsmittel priesen.

Viele Bitcoin-Nutzer hielten anfangs die Börse Mt. Gox für den Preis-Maßstab, weil sie der beliebteste Handelsplatz ist. Das hat sich in den vergangenen Monaten geändert, weil Mt. Gox mit zahlreichen technischen Problemen kämpft. Außerdem sind dort seit Juni keine Abhebungen in US-Dollar mehr möglich.

Dennoch sagt die Plattform Coindesk aus London, dass der Bitcoin-Index die erhebliche Bedeutung von Mt. Gox für den internationalen Handel mit virtuellen Währungen angemessen widerspiegeln müsse. "Wir glauben, dass Bitcoin zunehmend in den internationalen Blickwinkel gerät, und glauben, dass Mt. Gox internationale Relevanz hat", sagt Jeremy Bonney, Produktmanager bei Coindesk. Das Unternehmen betreibt eine Internetseite mit Nachrichten und Preisinformationen über virtuelle Währungen.

"Auf Herz und Nieren geprüft"

Bonney schätzt, dass über Mt. Gox ein Viertel des gesamten Bitcoin-Handels abgewickelt wird. Anfang des Jahres hieß es noch, Mt. Gox sei für 80 Prozent des Handels verantwortlich. Einige Bitcoin-Anhänger trauen dem Coindesk-Preisindex am meisten über den Weg. Dazu zählt auch die Bitcoin Foundation, ein Branchenverband, der Angestellte und Verkäufer in Bitcoin bezahlt. Der Verband nutzt nach Auskunft einer Sprecherin Coindesk als Berechnungsgrundlage.

Chuck Cohn, der in St. Louis eine Bildungseinrichtung betreibt und auch Zahlungen in Bitcoin akzeptiert, sagt, der Coindesk-Preis sei "auf Herz und Nieren geprüft". Er schaut sich jedoch auch die Preise an anderen Börsen an. "Wenn ich Bitcoin kaufen würde, würde ich lieber an einer größeren Börse etwas mehr zahlen, um sicherzugehen", dass alles in Ordnung sei, sagt er.

Dennoch glauben er und andere Branchenkenner, dass sich die Preise an den verschiedenen Handelsplätzen auf kurz oder lang angleichen werden, wenn der Handel insgesamt seine Schwankungsanfälligkeit verliert.

In Deutschland sind Bitcoin als Zahlungsmittel in einigen Szene-Geschäften in Großstadtvierteln wie Berlin-Mitte akzeptiert. Auch einige Internet-Shops und der Blog-Anbieter Wordpress.com handeln mit Bitcoin. Eine komplette Liste, die stetig länger wird, findet sich im Bitcoin-Wiki.

Originalartikel auf "Wall Street Journal Deutschland" 

Mitarbeit: Stephan Dörner und Ryan Tracy

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