

Es begann mit einem schlichten Bootshaus am Lake Union. Dort, in Seattle im US-Bundesstaat Washington, wollte William Boeing eine Jacht bauen. Doch dann entdeckte der Unternehmer seine Faszination für das Fliegen und funktionierte das Gebäude kurzerhand zur Flugzeugfabrik um.
Das sollte sich als gute Entscheidung erweisen: Heute ist Boeing Weltmarktführer. Der legendäre "Red Barn" - der erste Werksschuppen - steht als Meilenstein der Unternehmensgeschichte im Luftfahrtmuseum von Seattle.
Vor 100 Jahren - am 15. Juli 1916 - gründete Boeing mit einem Startkapital von 100.000 Dollar die Pacific Aero Products Company. Damit war die Basis für Boeings Flug- und Raumfahrt-Imperium gelegt, das mittlerweile einen Börsenwert von fast 82 Milliarden Dollar hat. Was wenig bekannt ist: Auch deutscher Pioniergeist spielte eine wichtige Rolle bei dieser Geschichte. Denn Boeings Wurzeln liegen in Westfalen.
Im Jahr 1868 brach der deutsche Auswanderer Wilhelm Böing von Hohenlimburg bei Hagen im Sauerland nach Amerika auf, um dort sein Glück als Unternehmer zu versuchen. Er gründete einen erfolgreichen Holzhandel und verdiente genug Geld, um seinen Sohn William, dem späteren Boeing-Gründer, auf Privatschulen und die Elite-Uni Yale zu schicken. Aus dem deutschen Namen Böing wurde das amerikanische Boeing - das zum Synonym für das größte Luft- und Raumfahrtunternehmen der Welt wurde.
Airbus rückt näher
Doch im Jubiläumsjahr steht der Konzern vor Herausforderungen. Der Konkurrenzdruck durch den Erzrivalen Airbus macht den Amerikanern zu schaffen. Anleger blickten zuletzt eher bange in die Zukunft, der Kurs der Boeing-Aktie ist seit Jahresbeginn um mehr als zehn Prozent gesunken.
Wurde Airbus in den Siebzigerjahren noch belächelt, haben sich die Europäer längst zum gleichwertigen Konkurrenten aufgeschwungen. Nach dem ersten Passagier- und Frachtjet A300 setzte Airbus Ende der Achtzigerjahre mit der A320-Modellfamilie auf den wichtigen Markt der Mittelstreckenjets - und machte der etablierten Boeing 737 Konkurrenz. Im neuen Jahrtausend musste der Jumbojet 747, mit dem Boeing einst Langstreckenflüge erschwinglich gemacht hatte, seinen Rang als weltgrößte Passagiermaschine zugunsten des A380 von Airbus räumen.
Mittlerweile ist der US-Hersteller ein Getriebener. Beim Zeitplan für die Modernisierung der lukrativen Kurz- und Mittelstreckenjets liegen die Amerikaner gut ein Jahr hinter den Europäern. Auch beim Marktanteil mussten sie deutliche Einbußen hinnehmen. Inzwischen gehen rund 60 Prozent der Bestellungen in diesem Bereich an Airbus. Besonders düster sieht es für Boeing bei der jüngsten Jumbo-Variante aus, der erneuerten 747-8. Angesichts mangelnder Neuaufträge sollen ab September nur noch sechs Flugzeuge pro Jahr die Werkshallen verlassen.
Viel besser verkaufen sich Boeings neuer Langstreckenjet 787 "Dreamliner" und seine größere Schwester 777. Letztere wird derzeit aufgefrischt. Die 777X soll deutlich sparsamer sein und dem jüngsten Airbus-Modell A350 trotzen.
Auch der Hiroshima-Bomber kam von Boeing
Trotz aller Probleme konnte Boeing seinen Status als größter Flugzeugbauer der Welt bislang verteidigen. Den einzig verbliebenen heimischen Rivalen im Passagierjet-Geschäft, den US-Hersteller McDonnell Douglas, verleibte sich der Konzern schon vor 19 Jahren ein. Und mit 762 Verkehrsmaschinen lieferte Boeing im vergangenen Jahr 127 Stück mehr aus als Airbus.
Außerdem baut Boeing Militärhubschrauber, Drohnen, Kampfjets, Satelliten und Komponenten für die Internationale Raumstation ISS. Auch zeichnete der Konzern für den legendären US-Bomber B-52 verantwortlich, der seit den Fünfzigerjahren bei der US-Luftwaffe im Einsatz ist. Dessen Vorgängermodell, der B-29-Bomber, hatte 1945 die verheerende Atombombe über Hiroshima abgeworfen - ein dunkles Kapitel der Firmengeschichte.
Beim Entwicklungsauftrag für einen neuen US-Bomber mussten sich Boeing und sein Partner Lockheed Martin jüngst dem Konkurrenten Northrop Grumman geschlagen geben.
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Der "Red Barn" in Seattle war der erste Werksschuppen von Boeing.
Im Jahr 1919 flogen William Boeing (links) und Eddie Hubbard den ersten internationalen Postflug von Seattle nach Vancouver.
Zu Beginn war der Bau der Flügel bei Boeing noch Handarbeit. Heute dominieren Maschinen und Hightech-Materialien.
Das Boeing-Modell 247D fliegt über New York: Das Flugzeug wurde in den Dreißigerjahren als erste moderne Passagiermaschine eingeführt.
Ein Foto aus dem Jahr 1944: Eine Beschäftigte arbeitet an der Boeing B-17.
1954 wurde die 707 vorgestellt. Sie begründete Boeings jahrzehntelange Dominanz in der Passagierluftfahrt.
Die 707 versprach schnelleres und komfortableres Reisen.
Nach dem Zweiten Weltkrieg produzierte Boeing den Stratocruiser, ein Langstrecken-Passagierflugzeug.
Im Jahr 1968 feierte der damalige Boeing-Chef Bill Allen (links) den Start des legendären Jumbojet 747.
Der Jumbojet war nicht nur für seine Technik berühmt, sondern auch für seinen Glamour. Es gab eine Lounge und einen Cocktail-Service - und manchmal sogar ein Klavier.
Das Werk in Everett, wo die 747 bis heute gebaut wird, ist immer noch die größte Flugzeugfabrik der Welt.
Das Modell 787 "Dreamliner" wurde 2011 nach langer Verzögerung erstmals ausgeliefert, hatte aber am Anfang mit großen Problemen zu kämpfen.
Auch als Ausrüster des US-Militärs spielt Boeing traditionell eine wichtige Rolle: Hier ein Foto der CH-46, die unter anderem in Vietnam und im Irak eingesetzt wurde.
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