Börsenausblick 2018 Finanzmärkte im Rausch

Die Börsen eilten im Jahr 2017 von Rekord zu Rekord. Geht es im neuen Jahr so weiter? Sicher ist: Die Politik der Notenbanken wird der wichtigste Faktor sein.
Börsenhändler in New York

Börsenhändler in New York

Foto: Mark Lennihan/ AP

Im Börsenjahr 2017 herrschten paradiesische Zustände: Die weltweite Konjunktur brummte, die Arbeitslosigkeit ging zurück, und die Kurse von Aktien kannten nur eine Richtung: nach oben. Selbst geopolitische Krisen wie die zwischen den USA und Nordkorea ließen Börsianer kalt.

Der globale Börsenaufschwung, der nun schon seit neun Jahren andauert, ist von Rekorden geprägt, die schwindlig machen können. Ein Auszug aus der Liste des Wahnsinns:

  • Der US-Aktienindex S&P 500, der die wichtigsten 500 Unternehmen der USA umfasst, ist in diesem Jahr bisher 57 Mal auf ein neues Rekordhoch geklettert.
  • Der Aktienindex der US-Technologiebörse Nasdaq hat dies sogar 70 Mal geschafft.
  • Der Leitindex Dax notierte im Jahr 2017 nur an 17 Tagen ein Prozent oder mehr im Minus.
  • Kryptowährungen feierten 2017 Rekorde am Fließband: Der Bitcoin-Kurs stieg innerhalb weniger Monate um fast 2000 Prozent und blähte sich zu einer gigantischen Spekulationsblase auf.
  • Rekordverdächtiges spielte sich auch an den Märkten für Kunst, Oldtimer und Immobilien ab.

Die Ursachen für diese weltweite Jagd nach neuen Höhepunkten ist bekannt: die globale Liquiditätsflut der Zentralbanken. Seit Jahren werden die Börsen durch die ultralockere Geldpolitik angetrieben und gestützt. Denn wegen der niedrigen Zinsen bringen Anleihen kaum mehr Rendite. Und das viele Geld, das die Notenbanken durch ihr Programm in den Markt pumpen, geben Investoren aus, um Aktien zu kaufen. Das treibt die Kurse nach oben.

"Der Markt ist völlig benebelt und abhängig von den Drogen, die er seit vielen Jahren verabreicht bekommt", sagt Thomas Mayer, Direktor des Flossbach von Storch Research Institute. Durch die Politik der Notenbanken seien die Kurse von Aktien und anderen Vermögenswerten verzerrt, weil die Zinsen mini seien und es an Anlagealternativen mangele.

Genauso wie die Jahre zuvor wird deshalb die Politik der Notenbanken der wichtigste Faktor für 2018 bleiben. Ein Anstieg der Zinsen würde sowohl an den Aktien- als auch an den Anleihemärkten Verwerfungen auslösen. Niemand kann beziffern, wie rasant es dann an den Märkten bergab geht, weil es so eine lange Niedrigzinsphase noch nie in der Geschichte der Weltwirtschaft gegeben hat. Nur so viel steht fest: "Es dürfte turbulent werden, weil die Märkte auf die Entscheidungen der Zentralbanken so sensibel wie nie zuvor reagieren", sagt Ökonom Mayer.

Wann kommt die Zinswende?

Warnten Ökonomen und Analysten nicht schon im vergangenen Jahr vor der Zinswende?

Richtig, aber die Fallhöhe wird von Jahr zu Jahr größer, weil die Kurse sich weiter aufgebläht haben. 2017 lieferte einen Vorgeschmack, was den Märkten in den kommenden Jahren drohen könnte: Die Europäische Zentralbank (EZB) beschloss zwar ihr eigentlich Ende des Jahres auslaufendes Programm zum Ankauf von Staatsanleihen und anderen Wertpapieren zu verlängern - allerdings in deutlich reduziertem Umfang. Und die US-Notenbank Fed erhöhte gar - wenn auch nur minimal - die Zinsen.

Doch nach Ansicht von Georg von Wallwitz, Geschäftsführer der Vermögensverwaltung von Eyb & Wallwitz, wird es noch Jahre dauern, bis die Zentralbank den Leitzins von nahe null auf drei oder vier Prozent gehievt bekommt - was im langjährigen Durchschnitt noch immer niedrig wäre. "Der kurstreibende Effekt niedriger Zinsen bleibt den Aktienmärkten noch eine ganze Weile erhalten", sagt er.

Hinzu kommt: Konjunkturell läuft die Weltwirtschaft super, ohne aber in eine gefährliche Überhitzungsphase abzudriften. Die wichtigen Kerninflationsraten sind zuletzt sogar zurückgegangen: In China beträgt die Teuerung nur noch 1,7 Prozent, in Europa 1,5 Prozent. Die Notenbanken haben also noch keinen Grund einzugreifen: "Ein internationaler Inflationsanstieg wäre die schlechteste Nachricht für die Weltbörsen 2018, da die Notenbanken dann früher mit einem Zinsanstieg bremsend eingreifen müssten", sagt Wallwitz.

Kurzum: Die Aktienkurse dürften 2018 weiter steigen, aber deutlich weniger stark als die Jahre zuvor. Die niederländische Fondsgesellschaft Robeco erwartet für Aktien aus Industrieländern bis 2022 eine Rendite von fünf Prozent pro Jahr. Nicht gerade viel, aber immer noch ein Vielfaches von dem, was Sparbücher und Tagesgeldkonten abwerfen.

"Zu Aktien wird es auch im Jahr 2018 kaum Alternativen geben", sagt Fondsmanager von Wallwitz. Wer langfristig Vermögen aufbauen will, kommt auch im neuen Jahr um Aktien nicht herum (Wie Sie als Privatanleger globalgestreut in Aktien investieren können, erfahren Sie hier).

Doch Aktien auf Rekordständen laden Sparer, die bisher noch nicht in Aktien investiert haben, nicht gerade dazu ein, jetzt noch einzusteigen. Die Preise für Aktien sind hoch, nachdem sie neun Jahre in Folge gestiegen sind.

Anleger, die jetzt noch kaufen, müssen deshalb Zeit mitbringen. "Für Ungeduldige kommt der Börsenaufschwung zu spät. Neueinsteiger sollten mindestens 15 Jahre Zeit mitbringen, um auch eine schwere Krise im Zuge der Zinswende aussitzen zu können", sagt Mayer. Die Börsenindizes könnten nämlich dann auch mal um 30 oder sogar 50 Prozent einbrechen, dem langfristigen Trend schade das aber nicht.

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