Kneipen-Shutdown Brauer schütten Fassbier in Millionenwert weg

Der seit November andauernde Gastronomie-Shutdown zeigt seine Wirkung: Viele Getränkegroßhändler lassen Bierfässer zurückgehen – und den Brauereien bleibt nichts anderes übrig, als die Ware zu vernichten.
Archivaufnahme aus einer Brauerei

Archivaufnahme aus einer Brauerei

Foto: Patrick Seeger / dpa

»Das ist der Albtraum«, sagt der Chef der Düsseldorfer Hausbrauerei »Füchschen«, Peter König. Etwa 2000 bis 3000 Liter Altbier werde er entsorgen müssen, das im Oktober abgefüllt wurde. »Das tut weh«, betont König. Ihm falle es schwer, im Geschäft zu sein, die Ruhe zu ertragen. Das Problem: Bei vielen Bierfässern, die eigentlich produziert wurden für den Einsatz in Kneipen und Restaurants, laufen die Mindesthaltbarkeitsdaten ab.

Besonders Brauer, die auf den Ausschank und Feste ausgerichtet sind, müssten Bier im großen Stil vernichten, sagt der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Brauer-Bundes, Holger Eichele. Millionenwerte werden nach seinen Worten in den Gully gekippt. Viele Großhändler bringen Fassbier sogar zur Vernichtung in der Brauerei zurück: »Das findet zurzeit überall in Deutschland statt«, sagt der Herausgeber des Branchenmagazins »Inside«, Niklas Other.

Wohl Hunderttausende Hektoliter betroffen

Wie groß die vernichtete Menge ist, lässt sich laut Brauer-Bund nicht genau abschätzen. »Nicht alles Bier, das bisher zurückgeliefert wurde, musste vernichtet werden, und nicht alles Bier, das nicht getrunken wurde, wurde auch gebraut«, sagt Eichele. Brauer, Großhändler und Wirte seien vor dem zweiten Lockdown ab November zwar vorsichtig gewesen, erklärt Branchenexperte Other. »Bis zum erhofften Ende des Lockdowns im Frühling werden es in Deutschland trotzdem einige Hunderttausend Hektoliter sein.«

Immer mehr Produkte in gastronomiespezifischen Gebinden wie Fassbier überschritten in den Lagern das Mindesthaltbarkeitsdatum und würden damit unverkäuflich, sagt Vorstand Dirk Reinsberg vom Bundesverband des Deutschen Getränkefachgroßhandels. Der Schaden für den Großhandel werde von Tag zu Tag größer. Aktuell stünden die Mengen mit dem Mindesthaltbarkeitsdatum Februar/März »im Feuer«. Sollte der Lockdown weitergehen, kämen Vorräte hinzu.

Einige Brauereien haben sich umgestellt

Die Großbrauerei Veltins hat im ersten, kürzeren Lockdown eigenen Angaben zufolge so gut wie kein Bier vernichten müssen. Nun geht das Unternehmen davon aus, dass es ein paar Tausend Liter sein werden. Mit den Verlängerungen habe der zweite Lockdown schlichtweg Gastronomen den Hahn abgedreht. Branchenweit würden in einem bisher nicht gekannten Ausmaß viele Tausend Fässer Bier aus der Gastronomie halb voll, fast voll oder fast leer in die Brauereien zurückgefahren. »Allerdings gab es schon einen gewissen Lerneffekt. Der Getränkefachgroßhandel und der Gastronom hat lange nicht so viel Bier gebunkert im Lager oder im Keller, wie es beim ersten Lockdown der Fall war«, sagt Geschäftsführer Volker Kuhl.

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Auch der Kölner Brauerei-Verband berichtet, dass die Branche aus dem ersten Lockdown gelernt und die Absatzmengen vorsichtiger kalkuliert habe. »Das Problem ist die Ungewissheit, wie lange das dauert«, sagt Geschäftsführer Christian Kerner. Ein Fahrplan, eine klare Perspektive wäre für Brauer wie Gastronomen sehr wichtig. Besonders bitter sei, dass der Lockdown die für Kölsch umsatzstärksten Monate treffe. »Der Karneval als Faktor, gerade jetzt im Januar und im Februar, fällt komplett weg. Das ist enorm«, sagt Kerner.

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