Harter Brexit Airbus droht Großbritannien mit Stellenabbau

Airbus warnt die britische Regierung eindringlich vor einem harten Brexit. Der Konzern erwägt einen Rückzug aus Großbritannien, sollte es vor dem EU-Ausstieg keine Vereinbarung geben. Tausende Mitarbeiter wären betroffen.
Foto: Andrew Matthews/ dpa

Mit einer deutlichen Drohung erhöht Airbus den Druck auf die britische Regierung bei den Brexit-Verhandlungen. "Weil jegliche Klarheit fehlt, müssen wir das schlimmste Szenario annehmen", sagte Tom Williams, Leiter der Airbus-Verkehrsflugzeug-Produktion, der britischen Zeitung "The Times". Demnach erwägt der europäische Flugzeugbauer, Investitionen in Großbritannien wegen der Brexit-Unsicherheit einzustellen und die Produktion in andere Länder zu verlagern.

Airbus hat im Vereinigten Königreich 25 Standorte mit etwa 14.000 Mitarbeitern. In seiner britischen Zulieferkette unterstützt der Konzern nach eigenen Angaben 110.000 Jobs. In den britischen Werken Filton und Broughton werden alle Flügel der Airbus-Verkehrsflugzeuge entworfen und hergestellt.

Der Konzern bereitet sich nun darauf vor, die Pläne zum Bau von Tragflächen in den britischen Werken aufzugeben und die Produktion stattdessen nach China, in die USA oder in ein anderes europäisches Land zu verlagern. Laut "Times" sollen bereits im Sommer die ersten Entscheidungen über künftige Investitionen fallen.

Airbus-Chef Enders warnt vor Brexit ohne Deal

Der Konzern veröffentlichte zudem ein Papier, das mit "Risikoeinschätzung" überschrieben ist . Darin warnt Airbus eindringlich vor den Folgen des Brexits - besonders vor einem Ausstieg Großbritanniens aus der Europäischen Union (EU) ohne eine gütliche Einigung. "Einfach ausgedrückt gefährdet ein Szenario ohne Deal direkt die Zukunft von Airbus im Vereinigten Königreich", erklärte Konzernchef Tom Enders.

Im Falle eines harten Brexits müsse der europäische Luftfahrtkonzern seine langfristige Präsenz im Königreich überprüfen, erklärte das Unternehmen. Falls das Land im März 2019 ohne Deal aus der EU aussteige und damit im kommenden Jahr Binnenmarkt und Zollunion sofort und ohne Übergangsphase verlasse, würde dies laut Airbus zu einer "schweren Störung und Unterbrechung" der Produktion führen. "Dieses Szenario würde Airbus dazu zwingen, seine Investitionen im Vereinigten Königreich und seinen langfristigen Fußabdruck im Land zu überdenken", teilte das Unternehmen mit.

In seiner Risikobewertung schreibt Airbus, dass die bisher angepeilte Übergangsfrist bis Ende 2020, in der die EU und Großbritannien die offenen Fragen regeln sollen, für den Konzern zu kurz sei, um seine Lieferkette anzupassen. Bei diesem Zeitplan würde Airbus deshalb davon absehen, sein Zulieferernetz in Großbritannien noch auszubauen. Derzeit hat Airbus dort 4000 Lieferanten.

Der offizielle EU-Austritt Großbritanniens soll am 29. März 2019 erfolgen. Schon jetzt bekommt die britische Volkswirtschaft die Begleiterscheinungen des bevorstehenden Brexits zu spüren. Großbritannien zählt derzeit zu den am langsamsten wachsenden Industriestaaten. Im ersten Quartal legte die Wirtschaft so schwach zu wie seit 2012 nicht mehr. Für das laufende Jahr hat die Handelskammer British Chambers of Commerce (BCC) ihre Prognose für das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts von 1,4 auf 1,3 Prozent gesenkt. Es wäre das schwächste Wachstum seit der Krise 2009.

Video: Airbus-Fabrik Finkenwerder

NDR
mmq/Reuters/dpa
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