Deutsche Unternehmen Niedrige Steuern gleichen Brexit-Folgen nicht aus

Die britische Premierministerin Theresa May stößt mit ihrem Steuerversprechen auf Skepsis. Deutsche Unternehmen glauben nämlich nicht, dass das die Verluste infolge des Brexits aufwiegt.
Tower-Viertel in London

Tower-Viertel in London

Foto: TOBY MELVILLE/ REUTERS

Deutsche Unternehmen betrachten die Pläne der britischen Regierung für Steuersenkungen nach dem Brexit mit großer Skepsis. Das geht aus einer am Donnerstag veröffentlichten Studie des Ifo-Instituts im Auftrag der Stiftung Familienunternehmen hervor.

Demnach geht nur ein kleiner Teil (rund 11 Prozent) der Unternehmen mit Geschäftsbeziehungen zu Großbritannien davon aus, dass niedrigere Unternehmensteuern die Nachteile des Brexits aufwiegen können. Weitaus mehr Firmen (26,5 Prozent) erwarten, dass die Nachteile des EU-Austritts überwiegen. Für die Umfrage wurden 1250 deutsche Unternehmen zwischen April und Juli befragt.

Großbritannien will Unternehmen mit günstigen Steuersätzen locken und so mögliche Ausfälle im Zuge des Brexits kompensieren. Die Gefahr ist jedoch groß, dass es damit einen Steuerwettlauf in der G20-Gruppe der Topwirtschaftsmächte auslöst.

Die britische Premierministerin Theresa May hatte zuletzt ihr Land als künftiges Steuerparadies angepriesen. "Was auch immer sie für ein Unternehmen sind, in ein Großbritannien nach dem Brexit zu investieren, wird Ihnen die niedrigsten Unternehmensteuern in den G20 bescheren", sagte May bei einem Wirtschaftstreffen am Rande der Uno-Vollversammlung in New York.

Derweil treiben die EU-Staaten nach dem Brexit-Eklat beim Gipfel von Salzburg ihre strategische Planung für einen britischen Austritt ohne Abkommen voran. Die ständigen Vertreter berieten am Mittwoch in Brüssel darüber, welche Vorsorge für den Fall eines harten Bruchs im März 2019 getroffen werden müsste.

Es geht zum Beispiel darum, wie Zollkontrollen abgewickelt oder der Flugverkehr und Lieferketten gesichert werden können - und noch um sehr viele weitere Einzelfragen, die beide Seiten eigentlich vertraglich regeln und mit einer Übergangsphase abfedern wollen.

Die Sitzung am Mittwoch sei schon länger geplant gewesen, hieß es aus Diplomatenkreisen. Das Thema werde jedoch dringlicher, da ein Scheitern der Verhandlungen mit Großbritannien seit Salzburg zumindest nicht unwahrscheinlicher geworden sei. Beim Gipfel hatte die EU britischen Brexit-Vorschlägen eine Absage erteilt, was Premierministerin Theresa May als Affront wertete.

In einem Vorbereitungspapier für das EU-Treffen am Mittwoch heißt es, die Staaten seien sich einig, dass "die Arbeit in den kommenden Monaten sowohl auf nationaler als auch auf EU-Ebene intensiviert werden muss, da die Unsicherheit über den Ausgang der Verhandlungen und die Ratifizierung eines möglichen Deals bestehen bleibt".

mik/dpa-AFX
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