Schulden machen mit Gewinn Erstmals alle Bundesanleihen mit negativen Zinsen

Nach den neuen Zoll-Drohungen von US-Präsident Trump ist die Unsicherheit an der Börse groß. Anleger setzen lieber auf Sicherheit - und investieren in deutsche Staatsanleihen. Sogar, wenn sie dafür Geld draufzahlen müssen.
Kurse von Bundesanleihen in der Zeitung

Kurse von Bundesanleihen in der Zeitung

Foto: imago images/Schöning

Sämtliche deutsche Staatspapiere sind für Anleger nun ein Verlustgeschäft: Die Rendite für Bundesanleihen mit einer Laufzeit von 30 Jahren ist erstmals unter null Prozent gefallen. Der effektive Zins, der sich aus Wertpapierkurs und Nominalzins berechnet, sank bis auf minus 0,006 Prozent.

Investoren müssen nun also dafür bezahlen, wenn sie dem Bund Geld leihen. Gleiches gilt für Schweizer Staatsanleihen, wo die 50-jährigen Bonds mit minus 0,172 Prozent ebenfalls so niedrig rentieren wie noch nie.

Wertpapiere mit längerer Laufzeiten als dreißig Jahren bietet der Bund derzeit nicht an. In den kürzeren Laufzeiten rentieren Bundespapiere schon seit Wochen negativ. Die Rendite von deutschen Staatsanleihen mit zehnjähriger Laufzeit fiel am Freitag auf ein Rekordtief von minus 0,5 Prozent. Bundesschuldtitel gelten in diesen unsicheren Zeiten als sehr sichere Anlage. Anleger sorgen sich - auch wegen des für Ende Oktober geplanten Brexits.

Staat verdient daran, Schulden zu machen

Als aktuellen Grund für die heute so hohe Nachfrage nach deutschen und Schweizer Staatspapieren gilt die abermalige Ankündigung weiterer US-Strafzölle auf chinesische Waren. China drohte daraufhin mit Vergeltung. "Der Druck auf die Europäische Zentralbank (EZB), ihren Ankündigungen bezüglich einer umfassenden geldpolitischen Lockerung sehr bald Taten folgen zu lassen, steigt mithin weiter", sagte Analyst Elmar Völker von der Landesbank Baden-Württemberg.

Ein Ende der niedrigen oder sogar negativen Zinsen bei den Anleiherenditen ist nicht in Sicht. Die EZB prüft eine Wiederaufnahme ihrer Anleihekäufe und denkt über Zinssenkungen nach. Für den Kreditnehmer, im Fall von Bundesanleihen der Staat, bedeuten negative Renditen einen Einnahmeüberschuss.

Der Normalfall, dass der Kreditgeber vom Kreditnehmer für die Geldüberlassung entlohnt wird, kehrt sich um. Zugespitzt gesagt: Der Staat verdient daran, Schulden zu machen.

apr/dpa/Reuters
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