Gegen 800-Quadratmeter-Regel Verfassungsrichter lehnen Eilantrag ab

Die Fußgängerzone am Karlstor in München
Foto: imago images/MiSGeschäfte im Einzelhandel dürfen wieder öffnen - aber bis auf wenige Ausnahmen nur auf einer Verkaufsfläche von 800 Quadratmetern. Darauf hatten sich Bund und Länder Mitte April geeinigt. Das Bundesverfassungsgericht hat diese Regelung nun gestärkt: Die Richter lehnten einen ersten Eilantrag aus Bayern gegen die Begrenzung der Verkaufsfläche ab.
Geklagt hatte ein Modehaus aus Bayern. Angesichts der Gefahren für Leib und Leben müssten die wirtschaftlichen Interessen großer Ladengeschäfte, Einkaufszentren und Kaufhäuser derzeit zurücktreten, entschied das Gericht.
In Bayern durften zunächst nur Geschäfte mit einer Fläche von höchstens 800 Quadratmetern wieder öffnen. Das hatte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof als verfassungswidrig beanstandet, die Regelung aber in Kraft gelassen. Daraufhin erlaubte die Landesregierung auch größeren Geschäften die Öffnung. Es dürfen aber nur 800 Quadratmeter der Gesamtfläche genutzt werden.
Klage bedarf eingehender Prüfung
Das Modehaus, das den Eilantrag stellte, ist 7000 Quadratmeter groß. Die Geschäftsführer kritisierten die Differenzierungen nach Fläche als nicht sachgerecht.
Die Verfassungsrichter halten ihre Klage nicht für aussichtslos. Sie bedürfe einer eingehenden Prüfung. Im Eilverfahren ging es nur darum, was in der Zwischenzeit schlimmere Folgen hätte - wenn die Regelung bliebe, oder wenn sie gekippt würde. Dabei gaben die Richter dem Gesundheitsschutz den Vorrang. Für sie spielte auch eine Rolle, dass das Modehaus inzwischen zumindest wieder auf 800 Quadratmetern öffnen darf. So werde der Umsatzausfall zumindest abgemildert. Die Notwendigkeit der Beschränkung müsse außerdem bei jeder Fortschreibung der Corona-Verordnung neu geprüft werden.
In Hamburg gilt die 800-Quadratmeter-Regel nun doch
Die Umsetzung der 800-Quadratmeter-Regel wird in vielen Bundesländern gerichtlich angefochten. In Hamburg hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) die Beschränkung der Verkaufsfläche an diesem Donnerstag bestätigt. Mit der unanfechtbaren Entscheidung korrigierte das OVG auf Antrag der Stadt eine anderslautende Entscheidung des Verwaltungsgerichts.
In Berlin hat das Verwaltungsgericht hingegen in einer ersten Entscheidung den Galeria-Karstadt-Kaufhof-Filialen erlaubt, vorerst wieder auf ganzer Fläche zu öffnen. Das bestätigte ein Gerichtssprecher der Nachrichtenagentur dpa.
Kurz zuvor hatte dasselbe Gericht auch im Falle des Berliner Kaufhauses KaDeWe die Öffnung der gesamten Verkaufsfläche in einem Eilverfahren ermöglicht. Die Häuser gehören alle zur österreichischen Signa-Holding des Investors René Benko. Die Richter hatten im KaDeWe-Verfahren kritisiert, dass Einkaufszentren - im Gegensatz zu den großen Warenhäusern - auf der gesamten Fläche öffnen dürften, weil die Regelung dort für jedes Geschäft einzeln gelte.
OVG könnte Beschränkung in Berlin wieder einführen
Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts kann Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (OVG) eingelegt werden. Das OVG hatte für Brandenburg die 800-Quadratmeter-Regelung am Vortag gebilligt und damit ähnliche Einwände anderer Kaufhäuser zurückgewiesen.
Galeria Karstadt Kaufhof hatte auch in Nordrhein-Westfalen einen Eilantrag eingereicht, war damit am Donnerstag vor dem Oberverwaltungsgericht in Münster aber gescheitert.
In Baden-Württemberg werden Geschäfte mit mehr als 800 Quadratmetern dank einer politischen Entscheidung wieder vollständig öffnen können. Die bisherige Beschränkung der Verkaufsfläche werde aufgehoben, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann. Die Geschäfte müssten aber Schutzkonzepte vorweisen. Die Entscheidung sei auch wegen eines Urteils des Verwaltungsgerichtshofs Mannheim gefallen, das die Vorgabe als rechtswidrig eingestuft hatte, sagte der Grünenpolitiker.