Nach Wallraff-Enthüllung Weitere Burger-King-Mitarbeiter berichten über Hygienemängel

Nach der RTL-Sendung von Günter Wallraff über Missstände bei Burger King melden sich auch Mitarbeiter eines anderen Lizenznehmers zu Wort. Sie berichten von 16-Stunden-Tagen, ungeheurem Druck und einem fragwürdigen Umgang mit Lebensmitteln.
Burger-King-Mahlzeit: Straffer Zeitplan, strenges Regiment

Burger-King-Mahlzeit: Straffer Zeitplan, strenges Regiment

Foto: LM Otero/ AP

Berlin - Die Enthüllungen des Teams um Günter Wallraff dürften auch anderen Lizenznehmern der Fast-Food-Kette Burger King schlaflose Nächte bereiten. Denn allen Beteuerungen der Burger-King-Zentrale zum Trotz scheinen die Geschäftsmethoden von Ergün Yildiz kein Einzelfall zu sein. Nach Berichten von ehemaligen Mitarbeitern soll auch der Göttinger System-Gastronom Bernd Leinemann seine Filialen nach dem gleichen Strickmuster geführt haben: Leistungsdruck, unbezahlte Überstunden und Vorgaben für Arbeitsabläufe, die eine Beachtung der Hygienevorschriften im Prinzip unmöglich machten.

Einer der ehemaligen Mitarbeiter im Leinemann-Reich ist Kevin Röwekamp. Der 25-Jährige hatte es nach der Ausbildung bis zum Filialleiter gebracht und 2011 gekündigt, weil aus seiner Sicht die Arbeitsbelastung in keinem Verhältnis zu seinem Monatsgehalt stand. "16-Stunden-Tage waren eher die Regel als die Ausnahme", berichtet er SPIEGEL ONLINE. "Dazu enormer Druck, die vorgegebenen Ergebnisse zu erreichen. Und das für 1800 Euro brutto."

Besonders in Erinnerung hat Röwekamp die Berichte, die er tagtäglich abzuliefern hatte. In den Fragebögen habe er nicht nur Umsätze und die Anzahl der geleisteten Arbeitsstunden eintragen, sondern auch detailgenau auflisten müssen, wie viele Portionen Pommes Frites, wie viele Burger oder Cola verkauft worden seien - samt der Vergleichszahlen zum Vorjahr und der noch ausstehenden Differenz zum Monatsziel. Die Geschäftsführung habe auch abgefragt, welche Zutaten eingekauft wurden und wie viel davon im Müll gelandet sei. Die Kassen am Drive-in-Schalter seien so eingerichtet gewesen, dass man die Wartezeiten habe ermitteln können, die die Kunden jeweils in der Warteschleife verbrachten. "Alles wurde mit den Vorgaben verglichen. Wenn man davon abwich, gab's zuerst Nachfragen, beim dritten Mal Ärger."

Stundenzettel nachträglich korrigiert

Besonders die Vorschriften über die Wartezeiten hätten für ungeheuren Druck gesorgt, berichtet Röwekamp weiter. "Um die Kunden schnell bedienen zu können, müssen genügend Zutaten vorbereitet sein. Wenn dann der Ansturm nach dem Kinofilm aber ausbleibt, bleibt das Zeug liegen", erklärt der ehemalige Filialmanager. "Das passiert ein paar Mal, und Sie rutschen mit den Kennzahlen für den Abfall in den roten Bereich." Den Ärger aber wolle man in der Regel vermeiden. "Also kommt ein neues Etikett drauf, wenn die Liegezeit abgelaufen ist".

Das Gleiche sei mit den fertigzubereiteten Burgern passiert. Offiziell dürften Whopper, Chili Chicken und wie sie alle heißen nur zehn Minuten in der sogenannten Schütte liegen. "Tatsächlich stört es niemanden, wenn sie eine Stunde dort liegen. Weggeschmissen werden sie jedenfalls nicht".

Röwekamp ist nicht der einzige, der die unhaltbaren Zustände in den Burger-Restaurants von Leinemann beklagt. Auch eine Kollegin, die an dieser Stelle nicht beim Namen genannt werden will, hatte nach eigenen Angaben bis vor vier Jahren unter dem Regime der Geschäftsführung zu leiden. "Die Stundenzettel wurden oft nachträglich am Computer korrigiert, um die Zahl der Überstunden zu begrenzen. Wer sich dagegen wehrte, dem wurden Schichten zugeteilt, die besonders unbeliebt waren."

Auch an eine "großzügige Auslegung" der Hygienevorschriften erinnert sie sich. "Eigentlich hätten wir alle zwei Tage das Fett in der Fritteuse wechseln müssen. Ich habe immer zehn Tage gewartet und mich dann noch rechtfertigen müssen, warum ich so viel Fett verschwende." Der Chef, so ihr Eindruck, habe ohnehin viel mehr Angst vor den Kontrolleuren der Zentrale gehabt als vor der Gewerbeaufsicht.

Unverfrorenheit und Gewinnstreben

System-Gastronom Leinemann weist die Vorwürfe allesamt zurück. "Wir erfüllen strengere Vorschriften, als es das deutsche Lebensmittelgesetz vorsieht", betont er. "Und wenn in einer Filiale zu viele Überstunden anfallen, dann stellen wir neue Leute ein." Als Gastwirt könne er es sich gar nicht leisten, seine Kunden zu vergraulen, sei es durch schlechtes Essen oder schlecht motivierte Mitarbeiter. "Wenn ich zehn Prozent Umsatz einbüße, verliere ich mehr Geld als durch ein zusätzlich entsorgtes Salatblatt." Die Schilderungen der ehemaligen Mitarbeiter könne er nicht nachvollziehen.

So ganz harmonisch wie Leinemann es beschreibt, ist das Verhältnis zu seinen Mitarbeitern allerdings nicht immer. In seinen Filialen in Kassel zum Beispiel soll es nach einem Bericht der "Frankfurter Rundschau" zwischen 2010 und 2011 Abmahnungen gehagelt haben. Die Auseinandersetzungen mündeten in mehreren Prozessen vor dem Arbeitsgericht, die Leinemanns Anwälte mit harten Bandagen ausfochten. Höhepunkt war der Streit um die Entlassung des Gesamtbetriebsratschefs der vier Kasseler Filialen vor dem Arbeitsgericht. Die Richter erklärten die Kündigung für unwirksam.

Leinemanns Erinnerung an diese Zeit klingt dagegen recht harmlos. Er habe die Filialen damals von Burger King übernommen, berichtet der Manager. In der Folgezeit habe er einige Umstrukturierungen vornehmen müssen, um den Betrieb auf ein betriebswirtschaftlich solides Fundament zu stellen.

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