Preiskrieg bei E-Fahrzeugen Stellantis-Chef prognostiziert »Darwinismus« in der Autoindustrie

Als Herrscher über Marken wie Citroën, Opel, Fiat und Chrysler ist er einer der mächtigsten Autobosse der Welt. Nun warnt Carlos Tavares eindringlich vor den Folgen des Preiskampfs mit Tesla und Rivalen aus China.
Stellantis-Boss Tavares: »Sehr kraftvolle Methode, die Autoindustrie in Europa leerlaufen zu lassen«

Stellantis-Boss Tavares: »Sehr kraftvolle Methode, die Autoindustrie in Europa leerlaufen zu lassen«

Foto: Massimo Pinca / REUTERS

Mit scharfen Worten hat Carlos Tavares vor den Folgen des Preiskampfs mit Autoherstellern aus China und den USA gewarnt. Blieben die bestehenden Kostenstrukturen in Europa erhalten, so der Stellantis-Chef, werde künftig jedes E-Auto zum Kaufpreis von 25.000 Euro außerhalb des Kontinents produziert. »Das ist eine sehr kraftvolle Methode, die Autoindustrie in Europa leerlaufen zu lassen«, warnte Tavares am Rande des »Car Symposium« in Bochum. Zum Stellantis-Konzern gehören Marken wie Citroën, Opel, Fiat und Chrysler.

Über 30 Jahre hinweg habe ein harter internationaler Wettbewerb die Lebenshaltungskosten der Europäerinnen und Europäer niedrig gehalten, sagte Tavares. Die schmerzhafte Folge: Produktion sei zunehmend nach Asien abgewandert. Dieses Szenario drohe sich nun in der Autobranche fortzusetzen. Die Bedeutung der Industrieproduktion für Europas Wirtschaftsleistung drohe weiter abzunehmen. Stattdessen bliebe dem Kontinent nur noch die Rolle als beliebtes Tourismusziel: »In zehn Jahren werden wir chinesische und amerikanische Touristen in Europa mit Kaffee bedienen«, prognostiziert Tavares.

Mittlerweile habe die Politik das Problem erkannt. Doch den Trend umzukehren und weniger Produkte aus Billiglohnländern zu beziehen, treibe die Inflation. Auch protektionistische Maßnahmen wie Zollschranken für chinesische Wettbewerber lehnt der Stellantis-Boss ab: Dadurch würden die Preise nur noch weiter steigern.

Warnung vor »vielen sozialen Unruhen«

»Es gibt nur einen Weg, das Problem zu lösen«, erklärt Tavares. »Wir müssen den Wettbewerb akzeptieren. In Frankreich sage ich etwas sehr Unpopuläres: Ihr müsst mehr arbeiten!« Europas größtes Problem liege in Technokratie und Bürokratie; nun müssten die hiesigen Bürger lernen, effizienter zu arbeiten. Zudem plädierte er an die Bundesregierung, ihre Vorbildrolle als restriktive Haushaltspolitiker nicht aufzugeben – und so Inflation und Staatsverschuldung im Zaum zu halten. Ansonsten drohten »viele soziale Unruhen«.

Selbst E-Auto-Weltmarktführer Tesla sei in dieser schwierigen Lage auf dem Boden der Tatsachen angekommen. Das zeigten die jüngsten Preissenkungen von Konzernchef Elon Musk. »Elon ist in meiner Welt angekommen«, sagt Tavares. Er senke die Preise, um seine ehrgeizigen Absatzziele zu erreichen. Der daraus resultierende Preiskampf werde für alle Hersteller problematisch werden, die bereits unter niedrigen Gewinnmargen litten.

»Es wird eine spannende Schlacht werden«, sagt Tavares. Die Autoindustrie werde von »Darwinismus« geprägt sein.

Carlos Tavares hat sich als Aufräumer der globalen Autoindustrie einen Namen gemacht. In den vergangenen Jahren kaufte er malade Marken wie Opel, Fiat und Chrysler auf und bündelte sie unter dem Dach des Amsterdamer Stellantis-Konzerns, gemeinsam mit den bisherigen Kernmarken Peugeot und Citroën.

Durch Größenvorteile und harte Sparmaßnahmen hat Stellantis zuletzt beachtliche Gewinne erzielt. Selbst im schwierigen Geschäftsjahr 2023 rechnet Tavares mit einer zweistelligen Umsatzrendite.

sh
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