Übernahme von Ölkonzern Chinas Energieriesen drängen an die Weltspitze

Ölsandförderung von Nexen in Kanada: Know-how für Chinas Staatskonzerne
Foto: NexenHamburg - Es wäre die größte Übernahme eines chinesischen Unternehmens im Ausland überhaupt: Der staatliche chinesische Ölkonzern CNOOC will seinen kanadischen Konkurrenten Nexen übernehmen. Kaufpreis: gut 15,1 Milliarden Dollar. Der Verwaltungsrat von Nexen hat bereits zugestimmt. Einstimmig. Sofern die Kartellbehörden mitmachen, kommt der Mega-Deal bis Ende des Jahres zustande.
Die Multi-Milliarden-Offerte ist der bisherige Höhepunkt eines Trends. Chinas Energieriesen starten durch zum Sturm an die Weltspitze. Gestützt mit den Billionen-Dollar-Reserven der chinesischen Regierung expandieren die Firmen CNOOC, Sinopec und Petrochina ins Ausland. Dutzende kleine und mittelgroße Unternehmen haben sie bereits aufgekauft, darunter mehrere westliche Firmen. Seit dem Ausbruch der Finanzkrise haben die chinesischen Aktivitäten deutlich zugenommen, weil die Konkurrenz im Vergleich zu den Chinesen über weniger Kapital verfügt.
Deals wie die Nexen-Übernahme dienen im Kern zwei Zielen. Erstens will sich CNOOC technisches Know-how für neue Fördertechniken einkaufen, die später auch bei der Erschließung nationaler Ressourcen eingesetzt werden können. So verfügt Nexen über Know-how für die Förderung von Ölsanden, fördert im Golf von Mexiko Erdöl in der Tiefsee und im kanadischen British Columbia Erdgas aus unkonventionellen Quellen wie Schiefergestein, sogenanntes Shale Gas. Drei ökologisch höchst umstrittene Praktiken.
Marktführer ist Nexen in keinem dieser Bereiche. Dennoch ist das Know-how für China wertvoll. Denn die Fördertechniken sind für das Land hoch relevant. Laut einer BP-Prognose wird sich der schon jetzt sehr hohe Energiekonsum der Volksrepublik bis 2030 fast verdoppeln. Gerade in die Erschließung unkonventioneller Erdgasvorkommen und die Tiefseeförderung im Südchinesischen Meer setzt die Regierung große Hoffnungen. Umweltrisiken begegnen die Chinesen bislang eher nonchalant.
Kopf-an-Kopf-Rennen um die Weltspitze
Unklar ist, wie viel Öl CNOOC direkt nach China transportieren würde: Die Nexen-Förderstätten im Golf von Mexiko etwa sind für den Export wohl zu weit entfernt. Von der Förderung in Kanada könnte ein Teil nach China gelangen. Denn seit die USA dank neuer Techniken selbst massenweise Öl und Gas aus unkonventionellen Förderstätten gewinnen, ist der Bedarf der USA an Lieferungen aus Kanada gesunken. Entsprechend orientieren sich die Kanadier um - und nehmen zusehends Märkte wie China und Japan ins Visier.

Grafiken: Wo kommt 2030 unsere Energie her?
Das zweite strategische Ziel der geplanten Nexen-Übernahme ist betriebswirtschaftlicher Natur. Denn Chinas Energiewirtschaft ist weit weniger monolithisch, als im Westen viele denken. Tatsächlich liefern sich CNOOC, Sinopec und Petrochina ein Kopf-an-Kopf-Rennen bei der Expansion. CNOOC, das kleinste der drei Unternehmen, würde mit der Nexen-Übernahme zu Sinopec und Petrochina aufschließen.
Langfristig haben alle drei dasselbe Ziel: Sie wollen zu BP, Exxon und Co. aufschließen. "Ähnlich wie die Japaner und Koreaner in den achtziger Jahren wollen nun die Chinesen zu konkurrenzfähigen Playern auf dem Weltmarkt werden", sagt Steffen Bukold, Autor des Standardswerks "Öl im 21. Jahrhundert" und Herausgeber eines Newsletters mit aktuellen Analysen zur Energiewirtschaft in China .
Doch der Abstand zur globalen Konkurrenz ist derzeit noch etwas größer. "Zwar werden die Chinesen in puncto Fördermenge wohl in den kommenden Jahren mit BP und Co. gleichziehen", sagt Bukold. "Doch die britischen und amerikanischen Konzerne sind mit ihrem Distributionsgeschäft in Dutzenden Ländern vertreten und verfügen dort über Geschäftsnetzwerke, die teils seit Jahrzehnten gewachsen sind." Diesen Standortvorteil dürften die Chinesen so rasch nicht einholen. "Auf dem globalen Ölmarkt sind die chinesischen Firmen noch Nachzügler."
Immerhin: Auf dem rasch wachsenden chinesischen Markt sind die drei Staatskonzerne unangefochtene Marktführer. Oft ist noch nicht einmal klar, ob die Energiepolitik die Vorgaben für die Konzerne macht - oder umgekehrt. So hat Sinopec-Chef Fu Chengyu in der Kommunistischen Partei einen höheren Posten als Liu Tienan, der Chef der obersten chinesischen Energieaufsichtsbehörde.