Ex-Continental-Chef Degenhart erklärt seinen Abgang »Ich hatte einen ziemlich kapitalen Hörsturz«

Ex-Conti-Boss Degenhart spricht in einem Interview über die gesundheitlichen Gründe seines Rücktritts. Vorstandschef zu sein, sei ein »Dauer-Hochleistungssport«, viele litten an Krankheiten – gingen aber nicht offen damit um.
Elmar Degenhart: Je geringer das Vertrauen, desto größer ist das Risiko, über die eigene Gesundheit zu sprechen

Elmar Degenhart: Je geringer das Vertrauen, desto größer ist das Risiko, über die eigene Gesundheit zu sprechen

Foto:

Sina Schuldt / dpa

Der langjährige Vorstandschef von Continental, Elmar Degenhart, hatte im Oktober überraschend seinen Rückzug von der Spitze des Dax-Konzerns angekündigt. »Die Vorsorge für meine Gesundheit« müsse im Vordergrund stehen, sagte er damals. Nun hat der 61-Jährige erstmals Details zu den Hintergründen seines Ende November vollzogenen Abgangs öffentlich gemacht.

»Vor neun Wochen hatte ich einen ziemlich kapitalen Hörsturz«, sagt Degenhart der Wochenzeitung »Zeit«. Der Rücktritt sei als einzige Möglichkeit verblieben, nachdem die Ärzte ihm Ruhe verordnet hätten. »So einen Job über einen Zeitraum von Monaten mit der halben Leistung zu machen, geht nicht. Das wird dem Unternehmen nicht gerecht, den 230.000 Mitarbeitern nicht und meiner eigenen Verantwortung gegenüber mir und meiner Familie auch nicht«, sagte Degenhart.

Gesundheit unter Managern ein Tabu-Thema

Degenhart sagte laut Vorabmeldung der Zeitung auch, er sei keineswegs der einzige Spitzenmanager, der arbeitsbedingt an gesundheitlichen Problemen leide: »Wenn Sie sich so umschauen, bei den CEOs, Vorständen und Geschäftsführern in Deutschland, die über fünf oder zehn Jahre oder noch länger in Verantwortung sind, wie viele da übrig bleiben, die wirklich keine Gesundheitsprobleme haben: Ich glaube, das sind ziemlich wenige.« Der Job der Dax-CEOs sei ein »Dauer-Hochleistungssport«.

Trotzdem sei es ein Problem für viele Manager, über eigene Gesundheitsprobleme zu sprechen. »Je fragiler die Verhältnisse sind, je weniger ein Vertrauensverhältnis existiert in einem Team, desto größer ist das Risiko, zu versuchen, gesundheitliche Probleme zu verheimlichen. Weil sie sofort als Schwäche ausgelegt werden würden und man potenziell an Einfluss verlieren würde«, so Degenhart. Und weiter: »Fehler einzugestehen, ist in einer Vertrauenskultur eine Stärke. Fehler einzugestehen in einem Haifischbecken, wird Ihnen nicht zum Vorteil gereichen.«

Neuer Vorstandschef von Continental ist Nicolai Setzer . Der 49 Jahre alte Manager und bisherige Leiter der Autozuliefer-Kernsparte von Conti arbeitet bereits sein gesamtes Berufsleben bei dem Autozulieferer und gilt intern als gut vernetzt.

Setzer hat einen der größten Autozulieferer der Welt in einer schwierigen Zeit übernommen. Zuletzt war insbesondere vonseiten des Betriebsrats, der Gewerkschaften und der Politik heftige Kritik an der Unternehmensführung laut geworden. Zum schwierigen Umbau des Konzerns vom Mechanik- und Hydraulik- zum Elektronik- und Software-Unternehmen kam der Absatzeinbruch in der Coronakrise. Auf der anderen Seite forderten die Eigentümer angeblich einen noch entschlosseneren Sparkurs.

Bei Conti sollen im Rahmen der Strategie »Transformation 2019–2029« 30.000 Stellen verlagert, gestrichen oder für neue Qualifikationen umgewandelt werden – darunter 13.000 in Deutschland. Hierfür sind aus Sicht der Chefetage auch Werksschließungen nötig.

apr
Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren