»Keiner hat so sehr gelitten wie wir« Veranstaltungsbranche verlangt Ende aller Coronaauflagen

Bund und Länder verhandeln am Mittwoch über lockerere Coronaregeln, die Messe- und die Veranstaltungsbranche fordern vor dem Treffen eine sofortige Öffnung. Weitere Wochen mit Beschränkungen könnten tief nachwirken.
Gelände der Messe Leipzig: Die Buchmesse ist hier zum dritten Mal wegen der Pandemie abgesagt worden

Gelände der Messe Leipzig: Die Buchmesse ist hier zum dritten Mal wegen der Pandemie abgesagt worden

Foto: Sebastian Willnow / dpa

Vor dem Bund-Länder-Treffen über die aktuellen Coronaregeln am Mittwoch wächst der Druck auf die Politik, weitgehende Öffnungsschritte zu veranlassen. Die deutsche Veranstaltungsbranche verlangt etwa eine »sofortige und vollständige Öffnung« und das Ende aller Coronaauflagen.

»Wir müssen jetzt entscheiden, ob unsere Veranstaltungen im Herbst stattfinden werden oder nicht«, sagte der Präsident des Bundesverbands der Konzert- und Veranstaltungswirtschaft, Jens Michow, den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Für viele Veranstalter hänge von einer klaren Perspektive das wirtschaftliche Überleben ab.

Der Verband halte es für vertretbar, dass Bund und Länder am Mittwoch die Aufhebung aller Coronaauflagen beschließen. »Wir sehen ja, dass dem Gesundheitssystem derzeit keine Überlastung droht«, sagte Michow. Wegfallen müssten alle Kapazitätsbeschränkungen, die Überprüfung von Impfnachweisen bei Veranstaltungen und die Maskenpflicht.

Bürger sollen Risiko selbst einschätzen

Auch die von der Pandemie stark gebeutelte Messewirtschaft fordert von Bund und Ländern eine sofortige Öffnungsperspektive. Nötig sei die Wiederbelebung des Messelebens in allen 16 Bundesländern. »Und zwar jetzt«, sagte Philip Harting, Vorsitzender des Verbands der deutschen Messewirtschaft (Auma), dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). »Weitere Wochen des Wartens bringen die Messebranche ohne jede Schuld in noch größere Nöte, die tief nachwirken werden«. Messen seien »machbar«.

Der Expertenrat der Regierung zur Coronalage hält ein »Zurückfahren der Maßnahmen« in den kommenden Wochen für sinnvoll. Das Gremium warnte aber auch: Ein zu frühes Öffnen berge die Gefahr eines erneuten Anstiegs der Krankheitslast. Ob und wie weitreichende Lockerungen es in welchen Bereichen gibt, ist derzeit noch nicht absehbar.

Harting von der Messewirtschaft sagte den RND-Zeitungen, seine Branche habe die Einschränkungen im Zuge der Coronakrise lange solidarisch mitgetragen. »Angesichts von 85 Prozent doppelt geimpfter und 65 Prozent geboosterter Erwachsener, bestens erprobter Hygienekonzepte der Messen und immer mehr Öffnungen der Länder um uns herum, haben wir aber kaum noch Verständnis für eine ratlose Politik auf Kosten der übergroßen Mehrheit«, fügte er hinzu. »Unser Geduldsfaden ist am Reißen«. 230.000 Arbeitsplätze in Deutschland hängen laut Auma an der Messewirtschaft, 165.000 davon seien inzwischen akut gefährdet.

Michow von der Veranstaltungsbranche ergänzte gegenüber den Funke-Zeitungen: »Wer ein Konzert oder eine Veranstaltung besuchen will, muss künftig selbst bestimmen, ob er das Risiko einer Infektion zu tragen bereit ist.« Veranstalterinnen und Veranstalter seien von den Coronabeschränkungen bislang am härtesten getroffen: »Keiner hat so sehr unter den Maßnahmen gelitten wie wir«.

apr/dpa
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