Vorwurf der Ungleichbehandlung Händler drohen mit Verfassungsklage gegen das Infektionsschutzgesetz

Protest gegen den Lockdown in einem Geschäft in Nordrhein-Westfalen
Foto: Rolf Vennenbernd / dpaEine Gruppe von Händlern und Gastronomen will gegen die geplante Änderung des Infektionsschutzgesetzes und die Einführung einer bundesweiten Corona-Notbremse klagen. »Die Regierung zwingt uns, weitere juristische Schritte zu unternehmen, weil wir schlicht am Ende sind«, sagte Alexander von Preen, Vorstandschef des Sporthandelsverbunds Intersport, dem »Handelsblatt«. »Wir sind jetzt an dem Punkt, wo wir überlegen, die gesetzlichen Regelungen vom Bundesverfassungsgericht prüfen zu lassen.« Ziel sei eine Rücknahme des Lockdowns für den Handel oder eine Entschädigung für die erlittenen Verluste.
Die Bundesregierung will die Notbremse bei höheren Coronazahlen einsetzen, nachdem mehrere Bundesländer sich gegen schärfere Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie gesträubt hatten, obwohl die Infektionszahlen wieder stark steigen.
Die angepeilten Verschärfungen für den Einzelhandel seien nicht verhältnismäßig, schloss sich Hauptgeschäftsführer Stefan Genth vom Branchenverband HDE der Kritik der Gruppe von Firmen an. Die geplanten Maßnahmen träfen auch nur einzelne Branchen der deutschen Wirtschaft ohne Rücksicht auf das tatsächliche Infektionsrisiko und verstießen daher gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Der HDE werde daher mit seinen Unternehmen eine Verfassungsbeschwerde verfolgen, betonte er.
Beteiligt an der Initiative sind der Zeitung zufolge neben Intersport mit seinen 1500 angeschlossenen Sportfachgeschäften auch Modehändler wie Engelhorn, L+T, Schuster und Tom Tailor, der Fahrradhändler Rose Bikes, aber auch Gastronomen wie L'Osteria. Hauptkritikpunkt der Unternehmen ist die ungleiche Behandlung verschiedener Branchen im Gesetz, die nach ihrer Einschätzung sachlich nicht gerechtfertigt ist.
So dürfen etwa Buchläden oder Gartenmärkte bei höheren Inzidenzen weiter öffnen, Sportgeschäfte oder Fahrradhändler dagegen nicht. Kein Verständnis haben die Betriebe auch dafür, dass Lebensmittelgeschäfte öffnen dürfen, selbst wenn 40 Prozent ihres Sortiments aus Non-Food-Artikeln wie Bekleidung oder Haushaltswaren bestehen.
Der Bundestag dürfte die geplanten Änderungen am Infektionsschutzgesetz Mittwoch kommender Woche verabschieden.
Die Politik müsse endlich von der Symbolpolitik der Geschäftsschließungen wegkommen, kritisierte HDE-Lobbyist Genth. Es gehe um zielgerichtete Maßnahmen, die dort ansetzen, wo die Infektionsgefahr erwiesenermaßen erhöht sei. So sei nicht nachvollziehbar, warum bei einer Inzidenz über 100 künftig auch Click & Collect oder das Einkaufen mit Terminvereinbarung verboten sein solle. Wegen mangelnder Öffnungsperspektiven steigt derzeit die Existenzangst vieler Händler.