Corona-Impfstoff
AstraZeneca sieht langsamen Vertragsabschluss als Grund für Lieferengpässe
AstraZeneca wehrt sich gegen den Verdacht, für die EU bestimmte Impfdosen an andere Länder zu liefern. Für Mittwochabend ist eine Krisensitzung zum Impfstoffstreit mit der EU anberaumt.
AstraZeneca-Chef Pascal Soriot hat den Verdacht zurückgewiesen, sein Unternehmen liefere eigentlich für die EU bestimmte Impfdosen an andere Länder. AstraZeneca verkaufe das Vakzin »nicht anderswo für Profit«, versicherte Soriot in einem am Dienstagabend veröffentlichten Interview mit einem Verbund europäischer Zeitungen, zu dem das deutsche Blatt »Die Welt« gehört.
AstraZeneca habe seinen Impfstoff gemeinnützig entwickelt, »wir verdienen damit kein Geld«, betonte der Unternehmenschef. Er fügte hinzu: »Ich denke, wir behandeln Europa wirklich fair.«
Brüssel und AstraZeneca treffen sich am Mittwochabend erneut
In der EU-Kommission gibt es den Verdacht, Engpässe bei der Belieferung der Europäischen Union mit dem AstraZeneca-Vakzin könnten darauf zurückzuführen sein, dass der britisch-schwedische Hersteller Großbritannien und andere Nicht-EU-Länder mit ungekürzten Mengen des Impfstoffs beliefert.
AstraZeneca hatte bei zwei Treffen mit der EU-Kommission und den Mitgliedstaaten am Montag Brüssel zufolge nicht ausreichend erklären können, wie es zu den Lieferengpässen gekommen ist. Nach Angaben der Kommission ist für diesen Mittwoch ein weiteres Treffen mit dem Unternehmen angesetzt.
Soriot hob hervor, dass AstraZeneca seinen Liefervertrag mit Großbritannien drei Monate früher als mit der EU geschlossen habe. Auch bei der Belieferung Großbritanniens habe es »Anfangsprobleme« gegeben. Dort habe es aber drei Monate mehr Zeit gegeben, um diese Probleme zu beheben. In der EU befinde sich AstraZeneca zwei Monate hinter dem ursprünglichen Plan.
»Aber der Vertrag mit den Briten wurde drei Monate vor dem mit Brüssel geschlossen. Wir hatten dort drei Monate mehr Zeit, um Pannen zu beheben.« Sein Unternehmen sei vertraglich nicht zur Lieferung bestimmter Mengen Impfstoff verpflichtet. Brüssel wollte nach seinen Worten mehr oder weniger zum selben Zeitpunkt beliefert werden wie die Briten – obwohl diese drei Monate früher unterzeichnet hätten. »Darum haben wir zugesagt, es zu versuchen, uns aber nicht vertraglich verpflichtet.«
Hintergrund ist die Ankündigung der Pharmafirma, nach der für diese Woche erwarteten Zulassung zunächst weniger Impfstoff zu liefern als vereinbart. Statt 80 Millionen Impfdosen sollen nach EU-Angaben bis Ende März nur 31 Millionen ankommen. Den angegebenen Grund – Probleme in der Lieferkette – will die EU nicht gelten lassen. Sie fordert Vertragstreue. Die EU-Kommission hat Vertreter des britisch-schwedischen Konzerns an diesem Mittwoch zur Krisensitzung mit Experten der EU-Staaten geladen.
Soriot weist geringe Wirksamkeit bei älteren Menschen zurück
Auch das Bundesgesundheitsministerium hatte am Dienstag die Berichte über eine geringere Wirksamkeit des AstraZeneca-Präparats bei Senioren dementiert. Es sprach von einer möglichen Verwechslung von Zahlen. Aus den genannten Daten lasse sich keine geringe Wirksamkeit bei Älteren herleiten, erklärte das Ministerium. Bekannt sei aber »seit dem Herbst, dass in den ersten eingereichten Studien von AstraZeneca weniger Ältere beteiligt waren als bei den Studien anderer Hersteller«.
Das AstraZeneca-Vakzin ist bislang nicht in der EU zugelassen. Eine Entscheidung der europäischen Arzneimittelbehörde EMA über die Zulassung des Präparats wird für Freitag erwartet.