Coronabekämpfung bald im Blindflug Labore stoßen an Kapazitätsgrenzen bei PCR-Tests

Mit der Omikronwelle verzeichnen die Labore in Deutschland einen drastischen Anstieg von PCR-Tests – und können schon bald nicht mehr alle auswerten. Das Problem dürfte sich mit den neuen Quarantäneregeln zuspitzen.
PCR-Test am Flughafen Berlin-Brandenburg: Priorisierung der Tests geplant

PCR-Test am Flughafen Berlin-Brandenburg: Priorisierung der Tests geplant

Foto: Maja Hitij / Getty Images

Der PCR-Test gilt als Goldstandard beim Nachweis einer Coronainfektion – und deshalb als wichtige Waffe beim Kampf gegen die Eindämmung der Pandemie. Doch die Medizinlabore in Deutschland nähern sich nach Angaben eines Branchenverbands in der Krise zunehmend den Grenzen ihrer Auslastung.

»Die hohen Infektionszahlen gehen mit vielen Tests einher. Weil derzeit kaum priorisiert wird bei PCR-Tests, stoßen die Labore in Deutschland zunehmend an ihre Kapazitätsgrenzen«, sagte der Vorsitzende des Verbands Akkreditierte Labore in der Medizin, Michael Müller, der »Rheinischen Post«. Das sei für Kranke und Krankenhäuser kritisch.

Auf Ansturm unvorbereitet

»Daher ist es zwingend, dass insbesondere die Arztpraxen und Testzentren dazu angehalten werden, sich an der Nationalen Teststrategie auszurichten«, forderte Müller. Bei knappen Kapazitäten müssten PCR-Tests entsprechend den dortigen Empfehlungen erfolgen. »Dass man sich bald aus der Quarantäne freitesten lassen kann, wird unweigerlich zu einem Mehraufwand der Labore führen.«

Neben den Laboren hat bereits auch Deutschlands größter Ärzteverband Marburger Bund vor Engpässen bei PCR-Tests gewarnt. Die Vorsitzende Susanne Johna forderte deshalb einen Plan B zur Verkürzung von Quarantäne- und Isolationsregeln. Gegenüber den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland schlug sie vor: »Möglich wären zwei Antigentests in Folge, mit denen man sich freitesten kann.«

Von Bundesregierung und Ländern gab es laut Müller vom Laborverband keine Prognosen darüber, »auf wie viel mehr Tests wir uns einstellen müssen«. »Die Labore werden dem Ansturm nun weitgehend unvorbereitet begegnen müssen.«

Am Dienstag hatte der Verband die Auslastung der Testkapazität auf 64 Prozent beziffert. Zur Diskussion über Kapazitätsengpässe sagte Müller einer Mitteilung zufolge : »Die Belastung in den Laboren ist zwar erheblich, aber ich sehe keinen Grund für zu große Sorgen.« Vielmehr komme es bei zunehmendem Testgeschehen und begrenzten Testkapazitäten darauf an, die Teststrategie tatsächlich umzusetzen.

Corona-General will Beschäftigte der kritischen Infrastruktur bevorzugen

Der Leiter des Corona-Krisenstabs der Bundesregierung, Generalmajor Carsten Breuer, sagte der »Süddeutschen Zeitung«: »Wir werden mit Sicherheit wie bei allen knappen Ressourcen Kapazitäten bündeln müssen, wo es erforderlich ist. Das gilt auch für Tests.«

Sobald es irgendwo eng werde, müsse priorisiert werden. »Da haben Beschäftigte in der kritischen Infrastruktur Vorrang«, sagte er. Das Ziel sei aber, das bisherige Testregime so lange wie möglich aufrechtzuerhalten. »Wir brauchen möglichst genaue Daten, um zu sehen, wie sich die Welle bei uns auswirkt«, sagte Breuer.

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Auch der gesundheitspolitische Sprecher der Grünen, Janosch Dahmen, forderte eine Priorisierung der PCR-Tests. »Wir sehen sehr deutlich, dass die wöchentliche Kapazität von 2,4 Millionen PCR-Tests, die wir in etwa in Deutschland haben, nun unter Volllast überall gebraucht wird«, sagte Dahmen dem Sender RBB. Man müsse darauf achten, dass man die Kapazitäten nach Wichtigkeit einsetze. Sie müssten einerseits für wichtige medizinische Diagnostik von Schwersterkrankten und andererseits für das Personal der kritischen Infrastruktur priorisiert bereitgehalten werden.

»Das kann bedeuten, dass im Einzelfall, beispielsweise beim Freitesten, es zu Verzögerungen kommt. Das bedeutet nicht nur lange Schlangen vor den Test-Zentren, sondern auch, dass es dauert, bis das Test-Ergebnis vorliegt«, sagte Dahmen. Im Ergebnis kann das dazu führen, dass die Quarantäne doch wieder länger dauert.

apr/dpa
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