Coronakrise Ein schwarzes Jahr für Spaniens Tourismusindustrie

Spaziergänger am Strand von Palma de Mallorca: Auf den Balearen sind die Besucherzahlen in diesem Jahr um mehr als 80 Prozent eingebrochen.
Foto: Clara Margais / dpaDie Pandemie hat Spaniens Tourismusbranche das schwärzeste Jahr ihrer Geschichte beschert. Laut einem Bericht der Madrider Zeitung »El País« werden in diesem Jahr weniger als 20 Millionen ausländische Gäste das Land besuchen. Das ist ein Rückgang um mehr als 75 Prozent gegenüber 2019, als fast 85 Millionen Touristen kamen. Insgesamt ist es der niedrigste Wert seit 1968. Der Einbruch ist eine ökonomische Katastrophe für ganz Spanien. Der Tourismus war bislang der wichtigste Wirtschaftszweig des Landes.
Im Sommer sah es zwischenzeitlich so aus, als könnten Hoteliers, Gastronomen und Tourveranstalter ihre Verluste begrenzen. Doch eine zweite Corona-Welle und die darauffolgenden Reisewarnungen und Quarantäneanordnungen führten dazu, dass sich selbst die negativsten Prognosen als zu positiv erweisen. Der Branchenverband Exceltur erwartet für 2020 direkte und indirekte Einnahmen von nur noch 46 Milliarden Euro. Das sind Einbußen in Höhe von rund 110 Milliarden Euro im Vergleich zum Vorjahr.
Entsprechend dramatisch fallen die Beschäftigtenzahlen. Im November 2020 waren laut amtlicher Statistik fast 355.000 Arbeitskräfte weniger im Tourismussektor gemeldet als ein Jahr zuvor. Weitere 358.000 Mitarbeiter waren in Kurzarbeit.
Betroffen sind alle Urlaubsregionen: von den Kanaren über Katalonien und die Costa del Sol bis zu den Balearen-Inseln rund um Mallorca, die sogar ein Minus von 82 Prozent vermelden. Spaniens Tourismusministerin Reyes Maroto spricht von »der schlimmsten Krise in der Geschichte des Tourismussektors«. So wird der Anteil des Sektors an der spanischen Wirtschaftsleistung, der 2019 noch 12,4 Prozent betrug, in diesem Jahr auf kaum mehr als vier Prozent fallen.
Das zieht die gesamte Volkswirtschaft nach unten. Laut Prognosen der OECD wird Spaniens Bruttoinlandsprodukt in diesem Jahr um 11,6 Prozent schrumpfen – mehr als doppelt so stark wie das deutsche. Damit ist Spanien Schlusslicht in der EU. Schon in der ersten Pandemiewelle haben mehr als eine Million Spanier ihren Job verloren. Die Arbeitslosigkeit liegt bei gut 16 Prozent.
Spaniens Tourismusbranche hofft für die kommenden Monate auf eine massive Erholung ihres Geschäfts. Allerdings haben viele nordeuropäische Staaten ihre Reisewarnungen und Quarantänevorschriften noch nicht entschärft – im Gegenteil: Deutschland hat erst kürzlich die Kanaren wieder als Risikogebiet eingestuft. Und die Infektionszahlen in Spanien sind zuletzt wieder deutlich gestiegen.
Die Experten des Madrider Analysehauses Funcas erwarten daher, dass der Spanien-Tourismus 2021 nur rund 40 Prozent und 2022 dann 80 Prozent des Normalniveaus erreicht. Immerhin: Beides wäre eine Verbesserung gegenüber diesem Katastrophenjahr.