Unternehmer fordern mehr Corona-Hilfen "Manche verbrennen jeden Monat einen Jahresgewinn"

Wir brauchen mehr Hilfe - diese Botschaft senden Verbandsvertreter nach einem Treffen mit Wirtschaftsminister Altmaier. Weit oben auf der Wunschliste steht ein sogenannter Unternehmerlohn.
Symbolisch schon tot: Protest von Veranstaltern in Berlin

Symbolisch schon tot: Protest von Veranstaltern in Berlin

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Bettina Strenske / imago images/Bettina Strenske

Vertreter von Wirtschaftsverbänden haben nach einem Treffen mit Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) eine deutliche Ausweitung von Hilfen gegen die Coronakrise gefordert. Dazu gehört ein sogenannter Unternehmerlohn, den Soloselbständige auch für Lebenshaltungskosten verwenden könnten.

"Viele Soloselbstständige arbeiten von zu Hause oder beim Kunden", sagte Andreas Lutz, Vorstandsvorsitzender des Verbands der Gründer und Selbstständigen. "Wenn etwa durch Veranstaltungsverbote ihre Einnahmen wegfallen, bereiten ihnen oft nicht die Büromieten schlaflose Nächte, sondern wie sie für sich und ihre Familien die Lebenshaltungskosten, Krankenversicherung und Miete bezahlen."

Altmaier hat sich selbst für den Unternehmerlohn ausgesprochen. In der Koalition ist dieser jedoch umstritten, weil Soloselbständigen bereits der Zugang zur Grundsicherung erleichtert wurde. Der Wirtschaftsminister sagte, man arbeite an einer Lösung.

"Grundsicherung, also Hartz IV, ist keine Lösung", sagte Lutz. Die Selbstständigen hätten kein Kurzarbeitergeld bekommen. Zudem lägen bei zwei von drei Selbstständigen die betrieblichen Fixkosten unter 1000 Euro. Auch Guido Zöllick, Präsident des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands, forderte einen Unternehmerlohn. Es könne nicht sein, dass "gestandene" Unternehmer auf Grundsicherung angewiesen seien.

Zudem sprach Zöllick sich für eine Ausweitung des sogenannten Verlustrücktrags aus. Über diesen können Unternehmen aktuelle Verluste steuerlich mit Gewinnen der Vergangenheit verrechnen. Der Gesetzgeber müsse auch klarstellen, dass in der aktuellen Krise Pachtverträge angepasst werden können - ansonsten drohe sich der Leerstand in den Innenstädten auszuweiten. "Das Gastgewerbe kämpft eindeutig ums Überleben", warnte Zöllick.

Als dramatisch beschrieb die Lage auch Jörn Huber von AlarmstufeRot, einem Bündnis der Veranstaltungsbranche. "Wir haben Unternehmen, die verbrennen im Moment jeden Monat einen ganzen Jahresgewinn", so Huber. Die gesamte Branche befinde sich seit acht Monaten in einem "andauernden Lockdown" ohne "jede Perspektive für eine Rückkehr zur Normalität". Huber forderte unter anderem einen 80-prozentigen Zuschuss zu den Fixkosten, ohne die bisherige Deckelung bei 50.000 Euro.

Zuvor hatte sich Altmaier mit Vertreterinnen und Vertretern von insgesamt 35 Wirtschaftsverbänden per Videokonferenz ausgetauscht. Ähnliche Treffen gab es bereits im April und Juni. Der Wirtschaftsminister versprach anschließend, die Wirtschaft werde auch übers Jahresende hinaus unterstützt.

Überbrückungshilfen bis zur Jahresmitte

Altmaier will die Überbrückungshilfen für Selbstständige und mittelständische Unternehmen bis Mitte 2021 laufen lassen. Das Programm könne ab Januar für drei oder sechs Monate verlängert werden. Zur genauen Höhe der Hilfen in dieser Phase äußerte er sich nicht. Die große Koalition stimmt sich zu den Details momentan ab. Finanzminister und SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz hat aber bereits signalisiert, notwendige Hilfen auch nächstes Jahr zahlen zu wollen.

Die Politik hatte bereits milliardenschwere Hilfsprogramme beschlossen, um Firmen und Jobs zu schützen. Überbrückungshilfen für besonders belastete Firmen gelten nun bis Jahresende, Bund und Länder planen eine weitere Verlängerung. Für die Überbrückungshilfen hatte der Bund 25 Milliarden Euro eingeplant. Davon sind nach aktuellem Stand laut Wirtschaftsministerium aber erst 1,2 Milliarden Euro bewilligt worden.

Der Präsident des Bundesverbands mittelständische Wirtschaft, Mario Ohoven, kritisierte, die bisherige Bilanz zu den Überbrückungshilfen sei mangelhaft. Ein Hauptgrund dafür sei das komplizierte Antragsverfahren, hier müsse dringend nachgebessert werden.

dab/Reuters/dpa
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