S.P.O.N. - Die Spur des Geldes Das war's mit Illusion Nummer drei
Was wir jetzt in diesen Tagen erleben, ist das Ende der dritten Großblase unserer globalen Finanzkrise - nach der Kreditkrise in den USA und der Eurokrise. Und im Grunde hängen die Geschichten zusammen.
Alle diese Krisen haben gemein, dass sie lokal ausgelöst wurden und global wirken. In den USA war es die Politik, jeden Amerikaner zu einem Hauseigentümer zu befördern, die zur Subprime-Krise um minderwertige Hypothekenkredite und damit zur Finanzkrise führte. Bei uns im Euroraum waren es die Staatsschulden in Griechenland, die die gesamte Währungsunion ins Schlingern brachten. Und in China ist es eine regionale Schuldenblase, die jetzt ein globales Börsenbeben auslöst. Die Ökonomie lehrt uns, dass Blasen platzen, irgendwann und überall, auch in China.
Was passiert danach? Früher war es meist so, dass sich die Wirtschaft in einem Land nach einer Krise automatisch normalisierte. Solange die Weltwirtschaft brummt, kann eine einzelne Volkswirtschaft ihre Währung so lange abwerten, bis sie wieder wettbewerbsfähig ist und der Aufschwung fast von alleine kommt.
Globale Krisen funktionieren anders. Die Weltwirtschaft insgesamt kann nicht abwerten. Sie kann nur produktiver werden, aber nicht wettbewerbsfähiger. Da alle großen Wirtschaftsregionen der Welt - USA, Euroraum, Russland, China, Japan und Südostasien - ihre Mega-Krisen in den letzten zwei Jahrzehnten hatten, gibt es auch keinen Unversehrten mehr, der die Rolle einer weltwirtschaftlichen Lokomotive übernehmen könnte. Das Wachstum der Weltwirtschaft verlangsamt sich somit stetig.
Der Internationale Währungsfonds schätzte das Wachstum der Weltwirtschaft für 2015 im April noch auf 3,5 Prozent. Im Juli waren es nur noch 3,3 Prozent. Die chinesische Krise wird diese Zahl vielleicht auf 3,1 Prozent drücken.
Eine Sparflut drückt die Zinsen
Das hört sich alles nicht besonders dramatisch an. Doch wir leben in einer Welt, in der kleine Verschiebungen überproportionale Auswirkung haben, vor allem in den Aktienmärkten. Der Mechanismus verläuft so: Am Anfang der Kette steht die globale Sparflut. Der Ausdruck Sparflut wurde vom ehemaligen US-Notenbank-Gouverneur Ben Bernanke geprägt. Hier geht es nicht darum, dass einzelne Menschen zu viel sparen. Es geht um das Verhältnis zwischen Ersparnissen und Investitionen, die per Definition gleich sein müssen. Dieses Verhältnis ist vorübergehend ins Wanken geraten, mit zu vielen Ersparnissen und zu wenig Investitionen.
Damit sich das Verhältnis ausgleicht, fallen die Zinsen. So wie der Güterpreis Nachfrage und Angebot in ein Gleichgewicht bringt, übernimmt der Zins diese Funktion in der Beziehung zwischen Ersparnissen und Investitionen. Die Folgen eines strukturellen Sparüberschusses sind laues Wachstum, weniger und schlecht bezahlte Jobs und niedrige Zinsen.
Für die Aktienmärkte ist eine Sparflut weder gut noch schlecht. Sie stehen unter zwei entgegenwirkenden Einflüssen.
- Der eine, positive, sind die geringen Zinsen. Sie machen Aktien wegen ihrer höheren Renditechancen relativ attraktiver. Da die Zinsen in den Märkten aber nicht unter null fallen können, ist dieser Faktor gedeckelt.
- Der andere, negative Einfluss ist die Erwartung geringerer Wachstumsraten in der Zukunft. Dieser Einfluss überwiegt jetzt gerade. Man kann sich den Wert einer Aktie als den abgezinsten Strom aller Dividendenzahlungen vorstellen, die man in der Zukunft erwartet. Abgezinst heißt, dass man Dividenden, die man heute erhält, höher bewertet als zukünftige Zahlungen. Wenn sich unsere Zukunftserwartungen daher auch nur ein wenig eintrüben, hat das eine überproportional hohe Auswirkung auf den Aktienpreis, weil damit ein ganzer Schwanz an zukünftigen Einnahmen entwertet wird.
Die fetten Jahre sind vorbei
Langfristig können sich die Preise der Aktien von der wirtschaftlichen Entwicklung nicht abkoppeln. Die Gründe für den Aktienboom der letzten Jahrzehnte waren Wachstum, aber auch die Verschiebung der Machtverhältnisse zugunsten der Aktionäre und zulasten von Arbeitnehmern; und schließlich steigende Effizienzgewinne börsennotierter Unternehmen.
Und jetzt? Das Wachstum hat sich verlangsamt. Die Verschiebung der Macht von Arbeit zu Kapital schreitet nicht weiter fort. Effizienzgewinne wird es auch in Zukunft geben, doch die fetten Jahre sind vorbei.
Der Mechanismus, den ich hier beschrieben habe, ist einer der Gründe meiner Euroskepsis. Unsere Strategie in der Währungsunion basiert darauf, dass der Rest der Weltwirtschaft brummt und uns unsere Exporte abkauft. Doch das ist nicht mehr der Fall. Mehr dazu nächste Woche im letzten Teil meiner Serie zur Zukunft der Währungsunion.
