CSU in der Krise BayernLB-Desaster kostet Steuerzahler 3,7 Milliarden Euro

CSU-Chef Seehofer: "Personelle Konsequenzen angedacht"
Foto: ddpWien/München - In letzter Minute hat Österreich die marode Hypo Alpe Adria verstaatlicht und einen neuen Flächenbrand im Bankensektor verhindert. Jetzt aber steht die Mutterbank, die BayernLB, vor einem Desaster - sie verliert bis zu 3,7 Milliarden Euro.
Weil sie ihre Mehrheitsbeteiligung an der Kärntner Hypo Group Alpe Adria (HGAA) für den symbolischen Preis von einem Euro an Österreich abgibt, sind gut 2,8 Milliarden Euro verloren, die die BayernLB seit 2007 mit Kaufpreis und Kapitalerhöhungen in die Bank gesteckt hatte. Zusätzlich verzichtet die Landesbank auf 825 Millionen Euro, mit denen die Hypo Alpe Adria bei der BayernLB verschuldet war. "Insgesamt kommt man auf etwa 3,75 Milliarden Euro, die jetzt verloren sind", sagte der FDP-Finanzpolitiker Karsten Klein. Auch der Grünen-Haushaltsexperte Eike Hallitzky geht von gut 3,7 Milliarden Euro Verlust aus.
Das Riesenminus hat mittlerweile einen aggressiven politischen Streit entfacht. Die FDP macht massiv Druck, die Verantwortlichen für die Milliardenpleite zu finden - wovon voraussichtlich auch ehemalige CSU-Spitzenpolitiker betroffen wären. Nachdem am Montagmorgen das Verhandlungsergebnis aus Wien bekanntgeworden war, warfen die Grünen Finanzminister Georg Fahrenschon (CSU) vor, bei den Gesprächen mit der österreichischen Regierung versagt zu haben. "Das ist ein schlechtes Ergebnis für Bayern", sagte Hallitzky.
Seehofer kündigt personelle Konsequenzen an
Die CSU-Spitze will aber eine Demontage Fahrenschons vermeiden. In der CSU-Vorstandssitzung stellte sich Seehofer laut Teilnehmern sowohl hinter Fahrenschon wie auch hinter Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg, der in der Kunduz-Affäre unter Druck geraten ist. "Karl-Theodor zu Guttenberg und Georg Fahrenschon haben mein uneingeschränktes Vertrauen", sagte Seehofer unter Applaus der CSU-Führungsriege.
Gleichzeitig kündigte Seehofer personelle Konsequenzen an. "Wenn man 3,75 Milliarden Euro abzuschreiben hat als Eigentümer der Landesbank, ergeben sich daraus Konsequenzen", sagte der CSU-Chef am Montag in München und fügte hinzu: "Ich habe personelle Konsequenzen im Kopf." Sofern das Landeskabinett am Abend zustimme, werde er es zuerst den Betroffenen selbst mitteilen.
Weil Seehofer seinen jetzigen Finanzminister schützen will, bleiben als mögliche Opfer nur Bankmanager oder frühere CSU-Größen. Einstige Spitzenpolitiker der Partei wie Edmund Stoiber und Erwin Huber hatten seinerzeit indirekt großen Einfluss auf die umstrittenen Geschäfte der BayernLB.
Sondersitzung des Kabinetts
Der frühere Ministerpräsident Günther Beckstein (CSU) räumte am Rande der Sitzung ein, dass der Kauf der HGAA im Jahr 2007 "falsch" gewesen sei. "Das ist ein schwerer Schaden für die bayerischen Steuerzahler." Ex-CSU-Chef Erwin Huber sicherte zu, dass er zur Aufklärung beitragen werde. Aus damaliger Sicht sei die Entscheidung zum Kauf der HGAA richtig gewesen, sagte Huber. Die SPD im Landtag habe den Kauf der HGAA nicht nur unterstützt, sondern "auch als Chance gesehen", betonte er.
Das schwarz-gelbe Kabinett im Freistaat trifft sich wegen des Milliarden-Desasters an diesem Montag zu einer Sondersitzung. Fahrenschon berichtet auf dieser über die Abgabe der HGAA an Österreich und die damit verbundenen finanziellen Konsequenzen für Bayern.
Der verlorene Kaufpreis und die Kapitalerhöhungen für die HGAA würden keine zusätzlichen neuen Belastungen für den bayerischen Staatshaushalt bedeuten, sagte FDP-Haushaltsexperte Klein. "Die jetzige Regierung kann damit leben."
Vorwürfe der Opposition
Der Freistaat hatte die bisherigen Belastungen der BayernLB Anfang des Jahres mit einem Zehn-Milliarden-Euro-Stützkredit für die staatliche Bank aufgefangen - das entspricht rund einem Viertel der gesamten Haushaltseinnahmen 2009 . Klein attestierte aber der Vorgängerregierung unter dem langjährigen Ministerpräsidenten Stoiber "politischen Größenwahn", weil Stoiber die BayernLB zu einer global agierenden Bank habe machen wollen.
Grünen-Haushaltsexperte Hallitzky warf Seehofer vor, sich in der BayernLB-Affäre nur um das Ansehen der CSU zu sorgen. "Er hätte sich viel stärker in die Verhandlungen einmischen müssen, um die Interessen Bayerns zu wahren", sagte Hallitzky. Bei der CSU gebe es "ein Versagen auf allen Ebenen". CSU-Landtagsfraktionschef Georg Schmid warnte dagegen vor "Vorverurteilungen".
FDP-Fraktionschef Thomas Hacker bezeichnete die ursprüngliche Entscheidung zum Kauf der HGAA als "katastrophalen Fehler". "Jetzt müssen die Verantwortlichen für dieses Desaster mit allem Nachdruck ermittelt und zur Verantwortung gezogen werden." Im ersten Schritt forderte Hacker den Rückzug von Sparkassenpräsident Siegfried Naser und Städtetagspräsident Hans Schaidinger (CSU) aus dem Verwaltungsrat der BayernLB. Beide saßen bereits 2007 im Aufsichtsgremium der Bank und hatten den Kauf der HGAA mit abgesegnet.
Zeil geißelt "katastrophale Fehlentscheidung"
Der bayerische Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP) bezeichnete den Kauf der HGAA im Jahr 2007 als "katastrophale Fehlentscheidung". Aber "lieber ein Ende mit Schrecken, als dass das Ganze noch weitergegangen wäre", sagte er dem Bayerischen Rundfunk. Fahrenschon habe viel geleistet, aber im Verwaltungsrat und in der Landesbank seien personelle Konsequenzen "unausweichlich."
Die Münchner Staatsanwaltschaft ermittelt gegen den damaligen Bankchef Werner Schmidt wegen Verdachts der Untreue. BayernLB-Chef Michael Kemmer hatte die Kaufentscheidung im Jahr 2007 als Finanzvorstand ebenso mitgetragen wie der bayerische Sparkassenpräsident Siegfried Naser, Städtetagspräsident Hans Schaidinger und der heutige CSU-Fraktionschef im Landtag, Georg Schmid.
SPD-Fraktionschef Markus Rinderspacher sagte: "Es kann eigentlich nur sein, dass der CSU-Fraktionsvorsitzende Georg Schmid zurücktreten muss, wie auch Erwin Huber als Vorsitzender des Wirtschaftsausschusses im Landtag." Schmid sprach von nicht akzeptablen Vorverurteilungen und sagte: "So kann man nicht miteinander umgehen."